SN.AT / Kolumne / Barazon / Barazon

Europas Verteidigung stürzt über die US-Fiskalklippe

Das Budget der USA ist nun tatsächlich über die viel zitierte Fiskalklippe gestürzt.

Ronald Barazon

Unter dieser sonderbaren Bezeichnung versteht man das automatische Inkrafttreten von Einsparungen im US-amerikanischen Staatshaushalt in der Größenordnung von 80 Milliarden Dollar jährlich. Diese Automatismus wäre nur zu verhindern gewesen, wenn Demokraten und Republikaner eine Einigung gefunden hätten.

Dies war nicht der Fall, weil die Republikaner einer Anhebung der ohnehin im Vergleich zu Europa lächerlich niedrigen Steuern nicht zustimmen wollten. Skurril sind allerdings die Reaktionen auf das Ereignis. Die Republikaner freuen sich, weil sie den Demokraten Barack Obama ärgern konnten, die Europäer freuen sich, dass nicht nur die EU Probleme hat. Die Volkswirte verkünden eine Belastung der Weltwirtschaft. Die Kürzung des US-Budgets um 80 Milliarden Dollar ist spürbar, bedeutet aber keine Katastrophe, wenn man bedenkt, dass sich das US-Defizit bei 1000 Milliarden bewegt und das Militärbudget nach den Kürzungen und nach der Beendigung des Irakkriegs immer noch 600 Milliarden umfasst. Der Weg weist weniger in eine Katastrophe als vielmehr in den überfälligen Abbau des Defizits, der
die Position der USA stärken muss - und das immer noch bei einer Steuerlast von weniger als 30 Prozent.

Die Einsparungen gelten zwar für den gesamten Staatshaushalt, machen sich aber besonders im Militärbudget bemerkbar, das bereits vorweg stark gekürzt wurde und nun weiter verringert wird. Die Republikaner verstehen sich als politische Lobby der Industrie, die allerdings stark von Aufträgen des Militärs abhängt. Man hat aus Freude an der Bekämpfung des Präsidenten ein Eigentor gelandet. Die Betroffenen würden gern etwas höhere Steuern zahlen, wenn nur der Geldsegen aus dem Militärbudget fließt.

Hier handelt es sich allerdings um inneramerikanische Querelen, die im Ernstfall erfahrungsgemäß rasch beendet werden. Noch sonderbarer als der Masochismus der Republikaner in den USA ist die Häme der Europäer. Die Kürzung des Militärbudgets bedeutet nichts anderes als die Schwächung der NATO, und offenbar übersehen die Politiker des alten Kontinents in einem gefährlichen Realitätsverlust, dass die NATO und somit die USA die europäische Verteidigung sichern.

Man übersieht auch, dass Russland derzeit das Militär aufrüstet und ohne Rücksicht auf die eigene, schwache Wirtschaft mit den USA gleichziehen will. Dass auch China sich in ein Wettrüsten eingelassen hat, um die neu erworbene Position als Weltmacht zu untermauern. Trotz dieser Aktivitäten und trotz der Kürzungen verfügen die USA immer noch über die stärkste Streitmacht. Die EU wird da nicht einmal wahrgenommen.

Es ist leider Europa, das über zu viele Klippen stürzt und die dabei erlittenen Wunden nicht einmal bemerkt.