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Machtrausch und Herrschsucht, Gier und Feigheit

Ronald Barazon

Es vergeht kaum eine Woche, in der nicht eine spektakuläre Firmenübernahme erfolgt. In zahlreichen Branchen entwickeln sich bereits Monopole oder bestenfalls Oligopole.

Die Fusionen werden gern mit wirtschaftlichen Vorteilen erklärt. Dabei handelt es sich aber um billige Ausreden. Tatsächlich ermöglicht die moderne Elektronik in kleineren Einheiten Leistungen zu erbringen, die früher nur in Großunternehmen möglich waren.

Ginge es also tatsächlich um sachliche Argumente müsste die Aufteilung von Großunternehmen und nicht die Bildung immer größerer Giganten dominieren.

Die Ursachen für die Schaffung der neuen Giganten liegen vielmehr in den über Jahrmillionen entwickelten Verhaltensweisen. Manche werden von einem unersättlichen Machtrausch getrieben, der mit der unbändigen Herrschsucht verbunden ist, anderen Befehle zu erteilen.

Diese Charaktere finden ihre perfekte Ergänzung in jenen, die ängstlich auf der Suche nach Geborgenheit sind und Machtgehabe mit Stärke und Schutz verwechseln. Diese liefern sich den Herrschsüchtigen aus und hoffen, dass sie im Gegenzug gut bezahlt ein wohliges Leben führen können.

Machtrausch und Herrschsucht, Gier und Feigheit sind die unzertrennlichen Partner, die einander lebensnotwendig brauchen. Die Welt ist dennoch erträglich, weil diese Wesensmerkmale nicht auf alle zutreffen und erfreulich viele aufrecht, selbstbewusst und eigenverantwortlich ihr Leben gestalten.

Die vier unglückbringenden Geschwister, Machtrausch, Herrschsucht, Gier und Feigheit, sind seit jeher die Kriegstreiber. In den etwas höher entwickelten Ländern hat sich in jüngster Zeit ihre Wirkung von den blutgetränkten Schlachtfeldern in die Welt der Unternehmen verlagert.

Dort fließt zwar kein Blut, aber die Soldaten, die heute Mitarbeiter heißen, leiden psychische Qualen. Die siegreichen, übernehmenden Generäle können vor Stolz kaum gehen, die Verlierer müssen sich mit Abfindungen in Millionenhöhe beschämt verabschieden.

Die gierigen Eigentümer der übernommenen Firma freuen sich über die Beute aus dem Verkauf und vergessen, dass sie die Verantwortung für den Fortbestand ihres Betriebs gehabt hätten. Die Aktionäre des Übernehmers fürchten sich vor der Zukunft, da jede zweite Fusion als Misserfolg endet.

Die Riesen sind unbeweglich und versuchen durch die Übernahme kleiner, erfolgreicher Firmen die eigene Lähmung zu korrigieren. Kaum in den Konzernen, erlahmt die Kreativität der Kleinen in der Bürokratie der Giganten.

Eines können die Großen aber tatsächlich - den Wettbewerb verringern und die Preise diktieren. Und sie zahlen problemlos, wenn auch unter Protest, die Strafen der Kartellwächter, die ohnehin nicht jedes Abendessen und jedes Golfturnier belauschen können, wo lässig die Preise fixiert werden.