Anhänglich zu sein, das sagt man Kindern nach - zumindest in manchen Entwicklungsphasen. Auch Hunde können sehr anhänglich sein. Manche mögen das, andere weniger. Dass aber auch Technik sehr anhänglich sein kann, wird mir erst in letzter Zeit so wirklich bewusst. Ich meine damit aber nicht ein Revival des Tamagotchi. Kennen Sie nicht? Das war in den 1990ern ein elektronisches Spielzeug. Rund wie ein Ei (Japanisch: "tamago") mit der Funktion einer Uhr ("wotchi", japanische Wortschöpfung aus dem englischen "watch", also Uhr). Wecker hätte es besser getroffen. Denn das Ding konnte einem ganz ordentlich auf den Wecker gehen. Zu unterschiedlichen Zeitpunkten meldete sich das Tamagotchi und verlangte nach der Zuwendung des Besitzers. Dem nicht genug. Vernachlässigte man es, dann starb es. So wie in dem schrecklichen Experiment von Friedrich dem Großen, bei dem auch mehrere Kinder mangels Zuwendung den Tod fanden.
Mein Smartphone ist inzwischen auch zu einem derartigen Tamagotchi mutiert. Dauernd will es was von mir. Rote Badges mit Zahlen drin zeigen mir an, wie viele E-Mails ich noch nicht gelesen habe, wie viele neue Schlagzeilen auf mich warten, wie viele Kontobewegungen ich noch nicht registriert habe. Dazu schreibt mir Facebook, welche Freundschaftsvorschläge es für mich hat, Xing und LinkedIn offerieren mir neue Geschäftskontakte und Instagram will mir Bilder zeigen. Das Smartphone plärrt den ganzen Tag vor sich hin wie ein ganzer Haufen Tamagotchi-Eier. Es will mich beschäftigen, macht sich wichtig und ich übersehe dabei vielleicht sogar wirklich Wichtiges.
Nicht mit mir. Ich habe den Tamagotchis den Garaus gemacht, habe mich durch Menüs und Einstellungen gewischt und geklickt, bis jede einzelne Benachrichtigung einer App abgeschaltet war. Jetzt klingelt es noch gelegentlich, aber sonst ist Ruhe im Eierkarton. Der größte Segen der Technik ist, wenn man sie so einstellen kann, dass sie zu einem passt.

