SN.AT / Kolumne / Bits und Bites / Bits und Bites

Ostern ist eine gute Zeit, um Ruhe zu finden

Thomas Hofbauer

Urlaub in der Karwoche, Meer, Sonne, ein Strandcafé und so viel Entspannung, dass ich beinahe einnicke. Urplötzlich sitze ich wieder im Büro. Schrecksekunde. Was ist los? Da sind noch immer Sonne, Meer und Strandcafé. Und da ist auch diese Frau am Nebentisch, die umständlich nach ihrem Handy in der Handtasche sucht. Es klingelt und klingelt. Besser gesagt: Es dudelt lauthals einen Popsong. Genau den gleichen, den mein Bürokollege als Klingelton verwendet. Und dieser Klingelton hat mich nach Millisekunden wieder ins Büro zurückgebeamt. Flashback nennen die Psychologen das Phänomen, ein blitzartiges Erinnern, das durch einen Schlüsselreiz hervorgerufen wird.

Schlüsselreize setzen auch andere Klingeltöne: Rockmusik mit scheppernden Gitarren zum Beispiel oder Kuschelsongs, Miauen, Bellen, Muhen und Meckern. Auch das Öffnen einer Bierflasche mit einem Zisch und Plopp. Sie alle verraten so einiges über die Vorlieben des Gegenübers. So outen sich Draufgänger, unverbesserliche Romantiker, Tierfreunde und Menschen, die gern und vielleicht manchmal etwas zu viel Bier trinken. Beim Gegenüber kann so ein Klingelton vom Schmunzeln bis zum Fremdschämen einiges auslösen. Selten aber ungeteiltes Wohlwollen. Kein Wunder, bedeutet Klingeln ja immer auch Störung.

Ich sitze inzwischen hellwach im Strandcafé. Die Frau am Nebentisch hat ihr Handy endlich in der Tasche gefunden und wieder Ruhe einkehren lassen. Nur meine Entspannung ist dahin. Und ich wünsche mir, dass nächstes Jahr in der Karwoche nicht nur die Kirchenglocken - wie es der Osterbrauch will -, sondern auch alle Handyklingeln nach Rom fliegen und am besten nie wieder zurückfinden.