"Start running!", sagt meine Smartphone-App vom Musikanbieter Spotify. Der hat in den letzten Jahren die Musikbranche gehörig aufgemischt. Jetzt mischt er mich auf. Puh!
Spotify ist der Inbegriff für Musik-Streaming. Beim Streaming kauft man für eine gewisse Zeit das Recht, Musikstücke, die der Anbieter auf Lager hat, online über ein Smartphone oder den Computer abspielen zu dürfen. Und Spotify hat alles, was Mainstream ist.
Beim Laufen Musik hören, das ist auch Mainstream. Musik spornt an und hilft das Tempo zu halten, sagt man. Zugegeben, ich kenne das nur aus der Theorie. Aber jetzt will ich es auch versuchen, denn Spotify hat eine neue Funktion in seiner App: "Running".
Die Idee ist genial: Die Sensoren des Smartphones messen die Schrittfrequenz und die App sucht dazu die passende Musik. Und was nicht genau passt, das wird von der App passend gemacht. Wenn die Schrittfrequenz nicht mit den Beats der Musik übereinstimmt, wird das Musikstück manchmal schneller oder langsamer abgespielt. Aber nur im erträglichen Rahmen. Das Grundtempo muss stimmen, sonst wird andere Musik gewählt. "Start running!", sagt die App wieder.
Seit Dienstag gibt es im riesigen Markt des Musikstreamings einen Mitläufer. Apple hat Apple Music gestartet. Der Champion läuft gegen den Herausforderer. Das wird spannend!
Apple hat noch vor Spotify das Musikbusiness revolutioniert. Mit dem iPod, iTunes und der Möglichkeit, Musik digital zu kaufen.
Dann kam Spotify und zettelte mit Musikstreaming die nächste Revolution an.
Mittlerweile ist Streaming massentauglich. Es verschlingt zwar enormes Datenvolumen, doch Daten übertragen wird ohnehin immer billiger. Und so kam es, dass Spotify drauf und daran war, Apple die Butter vom Brot des Musikgeschäfts zu nehmen. Das durfte nicht sein.
Jetzt stehen beide an der Startlinie: Herausforderer Spotify, der definiert hat, wie Streaming zum Geschäft wird und mit Innovationen wie "Running" punktet und der Champion Apple. Der hat in den vergangenen Jahren das Musikgeschäft wie kein anderer geprägt und beste Kontakte in die Musikbranche. Darum kann Apple schon zum Start exklusiv Interpreten unter Vertrag nehmen und eine dreimonatige kostenlose Testphase anbieten.
"Tempo detected", meldet meine Spotify-App jetzt. 180 Schritte pro Minute. Das ist hart - die Musik ist es auch. Es dröhnt in meinen Ohren und ich kann nicht sagen, ob es Herzrasen oder Hardrock ist. "New tempo detected. 140 Beats." Die Musik wird ruhiger, das Herz rast weiter. Meine Gedanken kreisen: Ich hab mich freiwillig in den Wettlauf mit Spotify begeben, Apple muss. Die Revolution frisst ihre eigenen Kinder. Mein Mitleid ist dennoch enden wollend, die Kondition auch. "Start running", sagt die App jetzt wieder. Ich laufe zu langsam, kann nicht mehr und schalte ab. Schön, dass zumindest ich mir noch aussuchen kann, ob ich kämpfen will oder nicht.

