SN.AT / Kolumne / Bits und Bites / Bits und Bites

Jede Menge Tomaten - oder: Wir müssen ja nicht immer miteinander reden

Thomas Hofbauer
Jede Menge Tomaten - oder: Wir müssen ja nicht immer miteinander reden
Jede Menge Tomaten - oder: Wir müssen ja nicht immer miteinander reden

Heute gab es Tomatensalat. Den mögen wir gerne. Morgen gibt es wieder Tomatensalat. Und ich vermute, dass wir auch übermorgen wieder Tomaten und Zwiebel schneiden werden, Essig und Öl dazu geben ... Wie gesagt, wir mögen Tomatensalat, aber so gern dann auch wieder nicht.

Doch die Tomaten müssen weg. Nicht die aus dem Garten, die aus dem Kühlschrank. Vermutlich lagern dort immer noch drei bis vier Kilogramm. Ein klarer Fall von Missmanagement. Und Schuld daran trägt eine App. Die wird bei uns zu Hause derzeit ausgiebig getestet. Sie ist sozusagen im Echtbetrieb, obwohl sie offensichtlich noch nicht ausgereift ist.

Bisher war das Schreiben von Einkaufslisten immer eine Angelegenheit, bei der der Familienrat tagen musste. Dies brauchte der eine, das die andere und die Schokoladelager mussten auch noch aufgefüllt werden. Bisher konnten wir uns noch zu keiner einheitlichen Methode der Ideen- und Wünschesammlung einigen. Dadurch wurde hin und wieder auch etwas vergessen. Nun gut, eigentlich immer. Und darum gab es ständig Diskussionen, kleine Streitereien, Ermahnungen, Anrufe aus dem Supermarkt wegen vergessener Zettelchen und so weiter.

Das konnte so nicht weiter gehen. Zu viel Gesprächsaufwand. Daher testen wir eine Einkaufs-App für das Smartphone. Einen virtuellen Einkaufszettel mit Gruppenfunktion. "Bring!" heißt sie und entspricht damit genau dem Tonfall von Teenagern, die sie möglicherweise deshalb auch gerne benutzen. Sehr spritzig gestaltet ist sie obendrein und dabei ganz einfach und intuitiv zu bedienen. Jeder, der etwas braucht, klickt auf entsprechende Symbole, die Einkaufsliste kann man sogar in der Reihenfolge der Regale im Supermarkt ordnen.

Sehr praktisch diese App und ihre Funktionen. Es gibt sogar ein Nachrichtensystem, mit dem man den Gruppenmitgliedern mitteilen kann, dass man gleich einkaufen geht, dass man die Liste geändert hat oder dass man soeben mit dem Einkaufen fertig geworden ist. Alles ganz wunderbar.

Warum diese App aber permanent Tomaten auf die Einkaufsliste setzt, ist mir ein Rätsel. Ein Tomaten-Fan aus der Familie kann es wohl nicht sein, denn Tomaten hängen mittlerweile allen zum Hals raus. Doch jedes Mal Einkaufen stehen wieder Tomaten auf der Einkaufsliste. Und weil die App jegliche Kommunikation und Abstimmung obsolet gemacht hat, kauft auch jeder, der gerade im Supermarkt ist, Tomaten. Und das nächste Mal wieder - Tomaten.

Darum wurde beschlossen: Ab dem nächsten Einkauf wird der Listeneintrag Tomaten gnadenlos ignoriert. Genug ist genug. Und wenn wir dann wieder Lust auf Tomaten haben, werden wir wohl auch wieder miteinander reden müssen: "Hallo Schatz, bin grad im Supermarkt, brauchen wir vielleicht Tomaten?"