Wegweisendes passierte vergangene Woche in der Onlinewelt: Da war zum einen der Hickhack um Twitter in der Türkei. Erst war der Kurznachrichtendienst dem amtierenden Ministerpräsidenten Erdogan bei der Kommunalwahl im Weg. Er ließ ihn sperren. Gab ihn aber nach der Wahl wieder frei. In der vergangenen Woche hat dann Twitter zwei Konten blockiert, die der türkischen Regierung mächtig Druck machten: @Bascalan und @Haramzadeler333 sind in der Türkei nicht mehr abrufbar. Über diese Konten sind Telefonmitschnitte verbreitet worden, die Ministerpräsident Erdogan unter Korruptionsverdacht brachten. Twitter teilte dazu mit: "Wir halten keine Inhalte auf alleinige Anforderung eines Regierungsvertreters zurück." Eine solche Maßnahme werde nach einem rechtsstaatlichen Verfahren, zum Beispiel nach einem Gerichtsbeschluss, ergriffen.
Na bravo, Twitter hält sich also an die lokalen Gesetze: in Demokratien somit an den Willen des Volkes, in Diktaturen an die Launen der herrschenden Kaste. Über die große Freiheit im Internet sollte man sich aber keine Illusionen machen. Die gilt nur mehr dort, wo sie Staaten in den Kram passt.
Bemerkenswertes passierte beinahe zeitgleich auch in Russland. Dort hat der Gründer des Facebook-Klons VKontakte, Pawel Durow, das größte russischsprachige Onlinenetzwerk verlassen. Nach der Räumung des Chefsessels flüchtete er laut eigenen Angaben auch aus dem Land.
VKontakte hat rund 200 Millionen registrierte Nutzer. Durow hatte kürzlich in einem Interview geklagt, der russische Inlandsgeheimdienst FSB habe von VKontakte die Herausgabe von Daten prowestlicher Aktivisten in der Ukraine verlangt. Er habe dies abgelehnt. Daher sei er gezwungen worden, seinen Unternehmensanteil zu verkaufen. Seither sei VKontakte unter der Kontrolle von engen Vertrauten Präsident Putins - und Russland kann ohne Umwege auf die Konten der Nutzer zugreifen, wie praktisch.
Wie schön, dass es auch noch Länder gibt, in denen Internetprovider und Nutzer unter demokratischen Vorzeichen handeln. Die New Yorker Polizei hatte dazu einen nett gemeinten Einfall: Sie hat Bürger dazu aufgefordert, Fotos mit Polizisten auf Twitter hochzuladen. Doch die Idee ging nach hinten los: Keine lächelnden Polizisten waren auf den Postings zu sehen, sondern massenweise prügelnde Bullen. Die Zahl der Beiträge ging in die Hunderttausend. Auf dem offiziellen Twitter-Profil der Polizei wurden zwar nur Vorzeigebilder gezeigt und das Malheur mit keiner Silbe erwähnt. Die Aktion wurde dennoch zum PR-Desaster und der Lapsus verbreitete sich rasch um den Globus.
Es ist mittlerweile schwer geworden, im Internet gegen den Datenstrom derer zu schwimmen, die es kontrollieren. Die Aufmüpfigkeit, zu der Internetnutzer aber gelegentlich fähig sind, verleitet zur Hoffnung, dass Freiheit auch online nicht kopiergeschützt werden kann.


