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Mitnahmeeffekte bei der Vorratsdatenspeicherung

Die Speicherung der Verbindungsdaten von Telefon und Internet wird wieder diskutiert. Warum eigentlich?

Thomas Hofbauer

In Deutschland hat man sich vergangene Woche über die Parteigrenzen hinweg verständigt, dass eine eng gefasste Vorratsdatenspeicherung ein wichtiges Instrument für die Polizeiarbeit ist. Das wolle sie auch für Österreich erreichen, erklärte Innenministerin Mikl-Leitner umgehend. Schon im nächsten Ministerrat wolle sie über den deutschen Vorschlag berichten und so die Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung wieder in Gang bringen. Wenn schon der große Nachbar am Diskutieren ist, will die Innenministerin den Mitnahmeeffekt nutzen.

Doch das ist nicht der einzige Mitnahmeeffekt, der sich durch die Vorratsdatenspeicherung ergab. Von April 2012 bis Juli 2014 war sie in Österreich aktiv. In der Zeit ging zwar kein einziger Terrorist oder Mafioso ins Netz, dafür aber kleinkrimineller Beifang. Denn eine parlamentarische Anfrage für das erste Jahr der Vorratsspeicherung in Österreich zeigte auf, dass von den heimischen Ermittlungsbehörden zwar 326 Mal Vorratsdaten abgerufen wurden. Den größten Teil machten dabei aber 106 Anfragen zu Diebstählen aus. In 16 Fällen konnten Vorratsdaten zur Aufklärung dieser Diebstähle beitragen.

Ein einziges Mal wurde die Vorratsdatenspeicherung auf Ersuchen eines EU-Staates zur Ermittlung gegen eine terroristische Vereinigung genutzt. Allerdings ohne Ergebnis.

Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Gerhart Holzinger, hat unterdessen vor einem neuen Versuch gewarnt, die Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen. Für ihn sind die Eingriffe in die Grundrechte zu gravierend.

Bei der ÖVP, die sowohl Innenministerin als auch Justizminister stellt, erhofft man sich hingegen von einer neuen und verfassungskonformen Version Hilfe bei der Terroristenjagd.

An welche Terroristen denkt man da konkret? Fühlt man sich von Dieben terrorisiert?

Eine Vorratsdatenspeicherung, wie sie derzeit in Deutschland diskutiert wird, ist ein schwaches Instrument. Es werden nur Telefon- und Internetverbindungen gespeichert, aber zum Beispiel keine Informationen zu E-Mails. Außerdem dürfen Daten nur zehn Wochen behalten werden. Zu kurz, um gegen Terrornetzwerke vorzugehen. Und es liegt die Vermutung nahe, dass die SPD mit der Zustimmung zur Vorratsdatenspeicherung nur das Image des sicherheitspolitischen Problemfalls loswerden will. Wollen wir mit diesen Vorzeichen die Diskussion in Österreich wieder aufnehmen?

Vor einem Jahr hatte man gute Gründe, hierzulande die Vorratsdatenspeicherung wieder abzuschaffen. Daher sollten wir uns nicht von unseren Emotionen mitnehmen lassen, auch wenn sich durch den jüngsten Terror unsere Sensibilität für Sicherheitsfragen erhöht hat.