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Zwischen Friedensprojekt und "Pjöngjang-Spielen"

Michael Smejkal
Ein Schiff aus Nordkorea brachte ein Orchester nach Gangneung.
Ein Schiff aus Nordkorea brachte ein Orchester nach Gangneung.

Dass ein Vorrundenspiel im Damen-Eishockey einmal bei Olympia der Quotenbringer wird, das hätte vor geraumer Zeit auch niemand gedacht. Das Match Korea gegen Schweiz (Samstag, 13.10 MEZ) erlangt hier in Korea fast historische Bedeutung, denn erstmals tritt ein gemeinsames koreanisches Team bei Olympia an. Nach der Zustimmung zur Teilnahme entsendet Nordkorea 22 Sportler zu den Spielen, darunter zwölf Damen, die Eishockey spielen. Mindestens drei davon müssen jedes Mal im Aufgebot stehen, das ist Teil der Vereinbarung.
Die neuerdings gesamtkoreanische Trainerin Sarah Murray nimmt das wie eine nicht zu verhindernde Naturgewalt hin, richtig glücklich scheint sie damit nicht zu sein. "Es ist der Wunsch, darum werden wir es machen."

Das koreanische Team wird übrigens unter einer gemeinsamen Fahne antreten und einmarschieren, die Korea ungeteilt in Blau auf weißem Untergrund zeigt, statt der Hymne wird ein in beiden Teilen des Landes beliebtes Volkslied gespielt. Dazu werden Skifahrer aus Nordkorea antreten, die als Entwicklungshilfe vom ÖSV Rennanzüge bekommen haben - was die Frage aufwirft: Fällt jetzt ÖSV-Boss Schröcksnadel unter die scharfen UNO-Sanktionen?

Ein nordkoreanisches Orchester ist zusätzlich Dienstag per Schiff aus dem Norden eingetroffen. Das wird zwei Konzerte spielen, eines am Donnerstag in der Olympiastadt Gangneung, eines in Seoul. Die Karten dafür sind kostenlos und werden verlost - um die Karten haben sich mittlerweile 150.000 Südkoreaner beworben.
Doch das Entgegenkommen zu den politischen Brüdern hinter der am schärfsten bewachten Grenze der Welt trifft nicht nur auf Zustimmung: Eine Demonstration gegen die "Pjöngjang-Spiele", wie sie von Gegnern hämisch tituliert werden, hat die Polizei Dienstag aufgelöst. Zur Erklärung: Pjöngjang ist die Hauptstadt von Nordkorea.

Doch auch hinter den Kulissen ist längst nicht alles eitel Wonne. Nach dem Testspiel der Eishockey-Damen gegen die Schwedinnen (endete 1:3) erschienen erst Spielerinnen aus Nord- und Südkorea zur Pressekonferenz und gaben artig Kommentare ab. Als dann wie üblich die Fragen der Journalisten kamen, sprangen die Nordkoreanerinnen auf und verließen fluchtartig den Saal.

Und zu viel Friedensgetue erscheint dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un scheinbar auch verdächtig - für den heutigen Donnerstag ist in Pjöngjang eine Militärparade angekündigt, bei der auch Raketen mitgeführt werden sollen.