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Auffallen um jeden Preis

Im Zweifel entscheiden sich alle Parteien für billige Schlagwörter statt für mühevolle Sacharbeit.



Im Dezember ist Unglaubliches passiert. Das vom Dahinsiechen bedrohte BZÖ hatte für wenige Stunden in der kränkelnden Bundesheerdebatte die Themenführerschaft. Nicht mit neuen Denkansätzen, sondern durch den Aufruf, die Volksbefragung zu boykottieren.

Das ist marktschreiender Populismus statt einer sachlichen Einstellung. Nur die "Wir dürfen keine Parteimeinung haben!"-Aussagen des Team Stronach zu Wehrpflicht oder Berufsarmee klingen ähnlich seltsam. Doch strategisch ist beides nicht dumm, weil ja die Standpunkte der Regierungsparteien bislang genauso nur mit wahltaktischen Hintergedanken und weniger anhand geistiger Genialität erklärbar sind.

Bei jeder inhaltlichen Empfehlung für die Volksbefragung müssten BZÖ und Team Stronach entweder SPÖ oder ÖVP zustimmen. Das haben FPÖ und Grüne zähneknirschend getan, aber generell ist so etwas für Oppositionsparteien wenig verlockend.

Geht man davon aus, dass die Beteiligung mittelmäßig bis mäßig ist und sich Teilnehmende in Verfechter und Gegner des Präsenzdienstes aufspalten, so sind zudem Nichtwähler mit Abstand die zahlenmäßig größte Gruppe. Dass das dem BZÖ-Boykott oder der Stronach’schen Nichtssagerei zu verdanken wäre oder gar diese Parteien so viel Rückhalt hätten, ist Unsinn. Würde jedoch jemand glauben, dass sie aufgrund der Versäumnisse anderer Parteien nun selbst sicherheitspolitische Bildungsarbeit leisten?

Also gibt man jedweden Inhaltsanspruch lieber gleich an der Garderobe ab. Wo kämen wir hin, wenn man seriöse Politik vermitteln muss, wenn die Konkurrenz das nicht tut? Das Ziel vor allem des in seiner Existenz bedrohten BZÖ ist ohnehin Auffallen um jeden Preis.

Kritik und Schelte sind willkommen, wenn die Partei irgendwie in den Medien vorkommt. Traurig ist freilich, dass es dafür viele parteiübergreifende Beispiele gibt. Im Zweifel entscheiden sich alle für billige Schlagwörter statt mühevoller Sacharbeit.

Internationale Währungspolitik etwa zu erklären, das ist kompliziert und bringt keine Stimmen. Also macht man aus der Schwäche, das Ganze vielleicht selbst nicht zu verstehen, eine Stärke und ruft lautstark nach Schilling und Nordeuro.

Notfalls mit dem fragwürdigen Argument, dass wir so nordisch wären. Das ist geografischer Quatsch und hoffentlich nicht geschichtlich gemeint. SPÖ und ÖVP sind um nichts besser, wenn sie bei ihren Wahlzuckerln Pendlerpauschale & Co. sich vor der lästigen Aufgabe des Erklärens drücken, woher das Geld eigentlich kommt.

Bei der nachweihnachtlichen Politiker- und Parteienbeschimpfung sollten wir uns freilich fragen, warum die Oberflächlichkeit und der Verzicht auf themenbezogene Informationen mit Detailtiefe beim Volk so gut ankommen