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Die irren Ansichten der Protestwähler

Gegen alles und alle zu sein ist keine Lösung. So wird man nur zum Wegbereiter der Diktatur.

Ich bin der Beste, nur will das keiner einsehen. In Wahrheit sind wir nämlich total super. Dass meine Genialität nicht zur Entfaltung kommt, liegt bloß an den minder bemittelten Kollegen. Oder an uneinsichtigen Lebensabschnittspartnern und pubertierenden Rotzpipen vulgo Kinder. Der Chef ist der größte Depp, die Familie ein Hemmschuh für die Traumkarriere.

Die Liste derjenigen, welche am mangelnden Berufs- und Privaterfolg schuld sind, lässt sich beliebig verlängern. Vom Staat mit seinen stupiden Vorschriften bis zu stets blöden Kunden. Wie gut, wenigstens zu wissen, warum ich selbst aufgrund meiner Güte gar nicht mehr verbesserungsfähig bin. Wird dem nicht zugestimmt, kann man als Frustabbau immer noch allen Erfolgreichen pauschal unlautere Absichten oder unsaubere Machenschaften unterstellen. Nur so ist erklärbar, wenn jemand ohne Totschlag oder Diebstahl mehr Anerkennung findet als ich.

Vor allem bei Parteien und Politikern sind Engagement und Kompetenz von vornherein auszuschließen. Die SPÖ ist eine Proporzseilschaft von Verrätern aller solidarischen Werte, die ÖVP ein Hort der Kapitalisten und Großbauern, die FPÖ ein Auffangbecken für Rechtsradikale und Rassisten. Die Grünen sind besserwisserische Pseudointellektuelle ohne Bezug zum Leben, das BZÖ will allein am Futtertrog der Politik bleiben, und das Team Stronach bilden lauter geldgeile Wendehälse. Außerhalb des Nationalrats haben die Kommunisten das Jahr verschlafen, in dem Stalin starb. Alternativen bestehen entweder aus scheinmoralischen Flüchtlingen in Rot-Schwarz-Blau oder seltsamen Sektierern. Korrupt sind sämtliche Parteien sowieso, wenn sie die Gelegenheit dazu haben. Dass das nicht stimmt, tut nichts zur Sache. Warum sachlich bleiben, wenn es unter der Gürtellinie leichter geht?

Werner Faymann? Ein aalglatter Taktierer der Macht ohne ehrliche Überzeugung. Michael Spindelegger? Ein von Onkel Erwin ferngesteuerter Verwalter. Heinz-Christian Strache? Ein Aufhetzer und Radikalpopulist. Eva Glawischnig? Eine weltrettende Frauenquoten-Tussi. Josef Bucher? Ein ex-blauer und nun oranger Restbestand der Haider-Jünger. Frank Stronach? Ein alter Mann, der sich krankhaft nach Anerkennung sehnt und diese erkaufen muss. Die Gründer neuer Parteien sind Klugsch. . . Theoretiker oder praktisch politikuntaugliche Querulanten.

Zur Klarstellung: Obige Meinungen sind traurig und absurd. Doch sie beschreiben den typischen Protestwähler. Anders als enttäuschte Wähler, welche konstruktiv Verbesserungen wollen, richtet er sich gegen alles. So wird man Wegbereiter für politische Rattenfänger. Bis hin zur angeblich gemäßigten Diktatur. In ihr kann niemand mehr protestieren, weil Einsperren oder Schlimmeres drohen. Also wäre rechtzeitiges Nachdenken angesagt. Die Ansicht, nur von Trotteln umgeben zu sein, ist keine Lösung.