Heute gehen die Sommergespräche des ORF in die zweite Runde. Dabei geht es für die Politiker nicht um Wählerstimmen. Wer diese über ein Jahr vor der Nationalratswahl gewinnen will, ist selbst schuld. Die Parteichefs hätten vielmehr die Gelegenheit, anhand ihrer Biografie glaubhaft zu machen, dass sie als Krisenmanager zur Bewältigung der großen Herausforderungen der Politik geeignet sind.
National sind von Kärnten bis zu den Themen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses Megaskandale aufzuarbeiten, um das Vertrauen in die Politik wiederherzustellen. International geht es um nichts Geringeres als die Lösung aller EU-Probleme.
Die Chancen, dass den Gesprächspartnern ein Kompetenznachweis dafür gelingt, sind minimal. Mitschuldig ist der in den Neunzigerjahren nach US-Vorbild entstandene Aberglaube von Politikberatern, dass es für Imagegewinne bloß medialer Inszenierungen anstatt Thementiefe bedarf.
Die Folge waren verzweifelte Versuche, ein Sympathieträger zu werden. Spitzenpolitiker ließen sich als Hobbysportler, Volksmusiker & Co. ablichten. Ihre Spindoktoren bemerkten zu spät, dass der Bogen total überzogen wurde. Statt den Lebenslauf als Nachweis politischer Qualifikation zu erzählen, gab es höchstens Einblicke ins Privatleben.
Die Botschaft dahinter - "Ich bin einer von euch!" - ist in der Krise schlecht. Wer von uns versteht genug von Währungspolitik, um die Verantwortung für den Euro zu übernehmen? Keiner. Genauso niemand, der beim Kicken fotografiert wird oder Lieder trällert. So etwas genügt für Schönwetterberichte und nicht für ein Interview in schwierigen Zeiten.
Daher verzichtet man nun lieber auf allzu private Details, doch wirken sogar intelligente Politiker überfordert, Fragen klar und fachlich versiert zu beantworten. Neben den Parteizwängen hat mediales Übertraining die Worthülsen zur chronischen Krankheit gemacht. Was bleibt, ist die gezielte Provokation - Jörg Haider sprach 1988 von Österreich als ideologischer Missgeburt -, um nach dem einstündigen Gespräch in Erinnerung zu bleiben.
Josef Bucher trieb es letzte Woche nicht ganz so schlimm. Doch war sein verkündeter Wunsch, Landeshauptmann von Kärnten zu werden, als Wahlkampfgag oder Racheakt an seinen blauen Ex-Parteifreunden gemeint. In den Sommergesprächen auftretende Politiker vergessen das Natürlichste der Welt, nämlich durch kluge Aussagen inhaltlich mitzubestimmen, worüber den Rest des Sommers gesprochen wird.
Das wäre eine geniale Art der Themensetzung, die offenbar wegen zu großer Sachbezogenheit selten in den Sinn kommt. Heute kann es Eva Glawischnig besser machen, es folgen ihre blauen, schwarzen und roten Amtskollegen. Doch um beim Fußball zu bleiben: Es besteht die Gefahr, dass es 3:2, 4:1 oder 5:0 für Kurzzeit-Sager und gegen thematische Vertiefungen ausgeht.