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Mobilisierung ohne Datenschutz

Vor der Wehrpflicht-Volksbefragung: Wie SPÖ und ÖVP werben würden, wenn sie es dürften.

Knapp vor der Volksbefragung über Wehrpflicht oder Berufsheer haben Zahlenspiele Hochsaison, wer in der Mehrheit sein wird. Umfragen unter allen Österreichern sind dabei Schall und Rauch, weil die Gruppe der Daheimbleiber am größten sein dürfte. Also entscheidet das Ergebnis, welche Partei besser mobilisiert. Doch wie viele werden sich beteiligen?

Bei Wahlen ist das relativ einfach: Typisch in der Meinungsforschung ist die Frage, ob jemand sicher, wahrscheinlich, vielleicht oder auf keinen Fall teilnimmt. Die Prozentzahl der sicheren Wahlgänger entspricht ungefähr der tatsächlichen Wahlbeteiligung. Wer behauptet, vielleicht ins Wahllokal zu pilgern, kann getrost als Nichtwähler eingeordnet werden.

Die angeblich sicheren Teilnehmer, welche letztlich zu Hause bleiben, und jene wahrscheinlichen Hingeher, die das wirklich tun, halten sich oft die Waage. Freilich weiß niemand mit Sicherheit, ob Erfahrungswerte aus Wahlen auf die erste Volksbefragung der Zweiten Republik übertragbar sind. Wenn ja, so läge die Beteiligung im besten Fall bei rund 50 Prozent.

Für SPÖ und ÖVP ist das Problem komplexer: Zwar können sie durch die Umfragen feststellen, Menschen mit welchem Alter, Geschlecht, Herkunft, Bildungsgrad, Beruf und/oder Einkommen am ehesten abstimmen werden. Nur können rot-schwarze Stimmungsmacher nicht Anhänger suchen, indem sie durch die Straßen laufen und jeden vom Aussehen her halbwegs in die Wunschkategorie fallenden Typ fragen: "Sind Sie so einer?"

Dämlich wäre es, quasi mit der Flinte zu werben und Fans des Gegenstandpunkts zur Stimmabgabe zu motivieren. Stattdessen gibt es "micro targeting" als persönliche Ansprache kleinster Zielgruppen. Voraussetzung dafür wäre eine computerisierte und trotzdem einfache Datenbank.

Es genügt seit Jahren, jeden zu erfassen, der irgendwie Minimalinteresse im Zusammenhang mit Militär, Waffen, Zivildienst, Katastrophenschutz und so weiter und so fort bekundete. Sei es als Besucher einer Veranstaltung, Abonnent von Fachzeitschriften, Leser einschlägiger Internetseiten, Besteller von themenbezogenen Produkten oder als Meinungsäußerer in den Medien.

Wer sich einmal interessierte, ist ein möglicher Teilnehmer. Also werden Hunderttausende solche Bürger Name für Name in die Datei aufgenommen. Danach genügt ein simples Excel-Formular, um in weiteren Spalten vom Geburtsjahr bis zu Themenpräferenzen viel anzufügen. Anhand banaler Codierungen kann man nachher sehr individuelle E-Mails oder Briefe an beispielsweise Waffenfetischisten oder Totalverweigerer schicken.

Wenn SPÖ oder ÖVP aufrufen, a) zur Befragung hinzugehen und b) ihrer Meinung zu sein, ist das sinnlos. Doch es jenseits des Datenschutzes via persönlicher Bezugspunkte und individueller Vorlieben zu tun, das wirkt.