In sechs Tagen finden in Kärnten und Niederösterreich Wahlen statt, zwei Monate später folgen Tirol und Salzburg. Es ist also höchste Zeit, um mit einigen Mythen der Wahlen und des Wahlrechts aufzuräumen.
1. Sind alle Landtagswahlen gleich? Von wegen. Bereits die Zahl der Wahlberechtigten pro Abgeordnetem schwankt zwischen rund 12.000 Landesbewohnern in Kärnten und 25.000 in Niederösterreich. Wahlrechtlich kann man nur im letztgenannten Land für Kandidaten persönliche Vorzugstimmen vergeben, welche der Parteistimme vorgereiht werden. Wer also etwa Erwin Pröll wählt und SPÖ ankreuzt, hat ungewollt eine ÖVP-Stimme abgegeben. In Tirol wiederum ist eine Listenkoppelung nach der Wahl möglich. Zwei Parteien könnten getrennt antreten und erst nachher verkünden, dass sie eigentlich zusammengehören.
2. Werden alle Stimmen gezählt? Auch das ist eine unvollständige Aussage. Selbstverständlich gibt es eine Erfassung sämtlicher Partei- und Personenstimmen. Doch wäre im Pröll’schen Reich interessant, wie viele Menschen das beschriebene Stimmen-Splitting betreiben. Dazu fehlt jedwede Statistik. Allerorts sogar rechtlich verboten sind computerisierte Auswertungen des Wählerverzeichnisses, wie viel Prozent der Wahlberechtigten sich nach Geschlecht und/oder Geburtsjahrgang beteiligt haben.
3. Ist immer erkennbar, wen man wählt? Na ja. Schließlich gibt es für jede Partei eine auf den Stimmzetteln angeführte Kurzbezeichnung.
Die Zeichenzahl ist dabei auf Bundesebene und in den meisten Ländern auf fünf Buchstaben beschränkt, in Tirol sind es acht. Das Team Stronach firmiert jetzt als "TS", könnte in Tirol den Namen "Stronach" bevorzugen und bei der Nationalratswahl als "Frank" kandidieren.
Hinzu kommt, dass der Parteigründer in Niederösterreich antritt, aber sein Mandat ablehnen wird.
In Kärnten entschieden sich 2009 die Freiheitlichen gar für einen Toten als Listennamen, obwohl Jörg Haider naturgemäß für kein Amt mehr infrage kam.
Ebenda war übrigens 2004 Eva Glawischnig eine De-facto-Spitzenkandidatin der Grünen, die auf der Parteiliste an unwählbarer Stelle stand und - wie Josef Bucher (BZÖ) heute - sowieso Bundespolitikerin blieb.
4. Ach ja, und aus der Wählerzahl ergibt sich die Zahl der Mandate? Ja, doch hat nicht die stimmenstärkste Partei automatisch die meisten Abgeordneten. Denn es gibt mehrere Ermittlungsverfahren von Grund- bzw. Reststimmenmandaten im Land und den Wahlkreisen. Das "billigste" und "teuerste" Grundmandat liegt in den neun Bundesländern um bis zu 15.000 Wähler auseinander. Daher ist es je nach Stimmverteilung möglich, dass A bis zu einen Prozentpunkt mehr Wähler als B und trotzdem ein Mandat weniger hat. Weil zudem für die absolute Mandats- oder Koalitionsmehrheit weniger als 50 Stimmenprozente genügen, stehen uns spannende Wahlsonntage bevor.