Doch das Problem ist tiefer gehend, als die gegenseitige Anziehungskraft einer Neupartei und dieses Typen der mutmaßlich übelsten Sorte. Wo findet man überhaupt geeignetes Personal für die Demokratie? Neben zweifelhaften Glücksrittern tummeln sich folgende Politikertypen:
1. Es gibt Chamäleons, welche in Hemdenart Parteifarben wechseln. Im Fernsehen sagt Frank Stronach, dass jede Hausfrau die Sache besser machen könnte. Ach ja, und deshalb hat er vor allem Ex-Politiker anderer Parteien aufgesammelt? Von den blau-orangen Farbspielen gar nicht zu reden. Politbeobachter müssen FPÖ und BZÖ regelmäßig durchzählen, wer gerade wo ist. Die nächsten Seitenwechsel kommen bestimmt bald. Generell wurden "Neuparteien" mit punktuellen Wahlerfolgen meistens durch Altstars der Politszene, von Heide Schmidt bis Fritz Dinkhauser, gegründet. Oder sie sind im Fall KPÖ uralt. Sogar die Partei der Neos entstammt der Idee von in Teilorganisationen althergebrachter Parteien sozialisierten Personen.
2. Parallel dazu existieren SPÖ- und ÖVP-Parteisoldaten mit an Selbstverleugnung grenzender Linientreue. Im Zweifelsfall beim verfassungswidrigen Klubzwang stets die Partei- vor der Privatmeinung zu reihen, das gleicht der Unterwerfung seiner Vasallen bei Stronachs Vorgaben. Zudem haben Rote und Schwarze mit wenigen Ausnahmen in der parteiinternen Hierarchiepyramide so lange nach oben zu klettern, dass sie beim Erreichen eines Amts weder wirklich jung sind noch sich jenseits der Politblase auskennen.
3. Genauso werden direktdemokratische Volksbegehren von Hannes Androsch (SPÖ) über Erhard Busek (ÖVP) bis Johannes Voggenhuber (Grüne) angeführt, welche Alteliten vertreten. Das führt zur Frage, ob irgendjemand glaubt, dass sie nun Veränderungen zustande bringen, die ihnen vor Jahrzehnten als mächtige Spitzenpolitiker misslangen.
4. Im Vergleich dazu sind von Ehrenamt bis NGOs Initiativen der Zivilgesellschaft manchmal erfolgreicher, doch warum soll sich von dort einer den Weg in die Politik antun? Auch ohne Angst um die Jobchancen in der Parteibuchwirtschaft tauschen bloß Masochisten die soziale Anerkennung von Bürgerbewegungen gegen die wechselweise Beschimpfung der Politiker.
Übrig bleiben Gruppen von Aktivisten aller Art, häufig pseudolinks oder unappetitlich rechts. Unklar ist, warum sie trotz selbst erklärter Weisheit der Gesellschaftskritik seit Jahrzehnten da sind, ohne die Gesellschaft im Mindesten geändert zu haben. Woher also neue Politiker nehmen und nicht stehlen? Unbestritten ist nur, dass Österreich eine echte Erweiterung des Angebots an politischen Akteuren guttun würde.