Wussten Sie, dass die Grünen bei der Tiroler Landtagswahl eine absolute Mehrheit geschafft haben? Sowohl bei jüngeren Frauen unter 30 Jahren als auch Akademikern jedweden Geschlechts und Alters kratzten Ingrid Felipe & Co. an der 50-Prozent-Marke.
Am Abend der Wahl wurde darüber kaum gesprochen, weil a) für punktgenaue Detaildaten über relativ kleine Bevölkerungs- und Wählergruppen die Unschärfen zu groß sind, und b) die Zweidrittelmehrheit der ÖVP unter Pensionistinnen beeindruckender erschien.
Vielleicht wollte zudem niemand neuerlich - nachdem in der Volksbefragung zum Bundesheer die Mehrheit der Alten über die Zukunft der jungen Minderheit entschied - eine populistische Diskussion darüber herbeireden, wie gespalten unsere Gesellschaft ist. Das ist ehrenwert. Allerdings häufen sich mögliche bis wahrscheinliche Trends im Wahlverhalten, welche unter den Teppich gekehrt werden.
So etwa, dass die SPÖ bei den Arbeitern und die ÖVP bei den privatwirtschaftlich Beschäftigten unter ihrem Gesamtergebnis in Tirol lagen.
Das ist ungefähr so, als wäre der Papst nicht einmal bei den Kirchgängern überdurchschnittlich beliebt.
Die Konkurrenz seitens der FPÖ bei den sozialdemokratischen Arbeiterstimmen sowie von Vorwärts Tirol und auch der Grünen im bürgerlichen Angestelltenmilieu sind Mitgründe dafür. Aber letztlich leben Traditionsparteien bloß vom angelernten Wahlverhalten der über 60-Jährigen als größte Gruppe. Während in EU-Papieren vom Pensionsantritt mit 73 Jahren zu lesen ist, kann man in der Alpenrepublik die 60-plus-Generation getrost als in Pension befindlich bezeichnen.
Aus ihrer Sicht völlig zu Recht sind diese Leute mehrheitlich am Status quo interessiert und wählen oft mit Bauchweh eher etablierte Regierungsparteien als neue Listen mit experimentellen Politikvorschlägen. Genauso verständlich ist umgekehrt, dass sich daraus gesellschaftliche Konfliktlinien ergeben.
Hinzu kommt nämlich der Stadt- und Land-Gegensatz. In Innsbruck landeten die Grünen vor der ÖVP mit ihren schlappen 22 Prozent. In Galtür waren es über 80 Prozent. Die Differenz zeigt die Zersplitterung Österreichs in total anders denkende Gesellschaftsteile, weil ja zudem als Landflucht Bildungsaufsteiger jüngeren Geburtsdatums in die Städte abwandern.
Die Trennlinie zwischen In- und Ausländern ist da wahlbezogen nicht berücksichtigt, weil nur heimische Staatsbürger abstimmen durften. Dennoch steht sie für weitere Parallelwelten. Angesichts des nicht selten von der Arroganz der Macht gekennzeichneten Gebarens von SPÖ und ÖVP hat es große Vorteile, dass sie nicht mehr als "catch all parties" vom Bergbauern bis zum Bobo alle zu vertreten behaupten. Wenn als Folge sämtliche Parteien nur Fragmente der Bevölkerung ansprechen, ist das freilich weniger gut.