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Politische Bildung für Politiker

Ein Drittel aller Parlamentsabgeordneten wurde erstmals angelobt. Die Frischlinge aller Parteifarben haben wenig politische Erfahrung. Oder gar keine.

In jeder Firma müssten sie ein Schulungsprogramm durchlaufen, um in Rekordzeit das Tätigkeitsfeld und ihre Aufgaben kennenzulernen. Sie sind ja Spitzenkräfte, welche als Volksvertreter die in einer Demokratie wichtigste Arbeit überhaupt leisten.

Die künftigen Entscheidungen der Parlamentarier bestimmen als Gesetze das Alltagsleben von uns allen. Ein Crashkurs wäre etwa für die anstehende Budgetdebatte nötig. Im Bundesfinanzgesetz als Papierstapel von 18 Zentimetern Höhe entscheiden sich für sämtliche Minister sowohl Wirkungsziele - übrigens mit klaren Indikatoren für die Zielerreichung - als auch jene Finanzmittel, die der Staat dafür einnehmen und ausgeben darf. Von A wie Agrarpolitik bis Z wie Zuwanderung.

Es gibt auf der ganzen Welt keine Wunderpolitiker, die auf Anhieb komplett verstehen, was mit welchen weitreichenden Folgen für die Menschen sie beim Budget beschließen. Das ist keine üble Nachrede, weil der Name Volksvertretung bedeutet, dass Bevölkerungsgruppen von der Supermarktkassiererin bis zum Computerspezialisten die Wähler repräsentieren sollten. Nicht bloß tatsächliche oder angebliche Geldexperten.

In diesem Fall ergeben Fraktionsdisziplin und Parteilinie durchaus Sinn. In den Klubs gibt es Fachwissen, das kein politischer Einzelkämpfer auf die Schnelle erwerben kann. Richtig ist jedoch auch, dass Politik ein (Zweit-)Beruf ist, der professionell ausgeübt werden sollte. Also gehören dazu eine Aus- und Fortbildung für Jung- und Altpolitiker. Nationalräte haben immerhin die Regierung zu überwachen.

Nun stellen Sie sich vor, ein Lehrer wäre bis vor der Prüfung Wärter im Gefängnis gewesen. Oder Ihr Zahnarzt war kürzlich als Fleischhauer erfolgreich. Beides ist ehrenwert und schließt weder die Eignung für andere Berufe noch für Politik aus. Aber es wäre absurd, auf das gottgegebene Talent zu vertrauen, anstatt den Jobwechsler vorher Pädagogik bzw. Medizin studieren zu lassen.

Analog dazu hätte das Parlament ein großes Bildungsprogramm für seine Neuzugänge einzurichten. Parteiübergreifend und verpflichtend. Nicht allzu akademisch - was den Kolumnisten vom Verdacht des Eigeninteresses befreit - und trotzdem viel mehr als rechtlich-organisatorische Basisinformationen. Das würde die Demokratiequalität verbessern.