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Simmering gegen Kapfenberg

Qualtinger prägte den Spruch, das Match Simmering gegen Kapfenberg sei Brutalität. Er hatte unrecht. Im Vergleich zum "Miteinander" der "Partner" SPÖ und ÖVP handelt es sich geradezu um zärtliches Schmusen.

Helmut Qualtingers Zitat stammt aus 1956, doch die rot-schwarzen Koalitionäre führen sich auf, als wäre der parteiliche Bürgerkrieg im Februar 1934 erst ein paar Tage her.

Unter dem unmittelbaren Eindruck von Schüssen und Hinrichtungen war eine von totalem Misstrauen geprägte Erzfeindschaft logisch. Und natürlich hatte der Schrecken des 34er-Jahres Folgen bis in die Nachkriegszeit. Notgedrungen wurde zugunsten des Wiederaufbaus kooperiert, wobei versteckte Fouls und Schädigungen des jeweils anderen Lustgefühle auslösten.

Doch warum bekriegt sich die Enkelgeneration genauso? Strategische Klugheit kann nicht der Grund sein. Eine Quizfrage: Nehmen wir an, Sie haben als durchschnittlicher Intelligenzler die Möglichkeit, von A 20.000 Euro zu erhalten, müssten jedoch deshalb 100.000 Euro an B zahlen. Was tun Sie?

Niemand wird versuchen, A die viel kleinere Summe abzuknöpfen. Es geht darum, den Geldverlust an B zu verhindern. SPÖ und ÖVP freilich ticken anders. Sie können voneinander im Saldo bestenfalls besagte 20.000 Stimmen gewinnen. Hunderttausende haben sie verloren und werden sie abgeben an die FPÖ, teilweise die Grünen, früher das BZÖ und vielleicht bald Stronach & Co.

Das ist rot-schwarze (Ex-)Wähler betreffend logisch, weil ein Regierungsanhänger bei seiner Partei bleibt und nicht zum anderen Koalitionär wandert. Wen die Koalitionsregierung enttäuscht, der macht das noch weniger, sondern läuft zur Opposition oder neuen Parteien. Der Dauerstreit von SPÖ und ÖVP kann also nur psychologisch bedingt sein.

Aufgrund historischer Altlasten oder durch folgendes Gleichnis: Ich weiß, dass ich meinen Schlüssel im Haus vergessen habe, wo es hell erleuchtete und stockdunkle Räume gibt. Obwohl er wahrscheinlich im Dunkeln liegt, suche ich bloß an lichten Plätzen. Den Schlüssel finde ich so zwar nicht, doch die Suche ist im Licht leichter.

Dieser Vergleich stammt von einem hochrangigen Vertreter der Koalition, der das absonderliche Verhalten seiner Funktionäre beschrieb. Man sollte also Spitzenleuten von SPÖ und ÖVP nicht leichtfertig Dummheit vorwerfen. Sie kennen das Problem und handeln wider besseres Wissen. Der interne Druck von superschlauen Interessenvertretern aus den eigenen - dritten bis vierten - Reihen führt dazu, dass die Erwartungshaltung des stumpfsinnigen Hinhauens aufeinander befriedigt werden muss.

Bis zur wechselweisen Selbstverstümmelung. Ein vergleichender Tipp dazu: Simmerings SC spielt als Schlusslicht in der Regionalliga Ost. Der Kapfenberger SV kickt im Hinterfeld der zweiten Bundesklasse. Von Topniveau also da und dort keine Spur.