Zusammengerechnet ergeben die parteilichen Prognosen der Nationalratswahl mindestens 120 Prozent der Stimmen. Es genügt scheinbar weder im Sport noch in der Politik, respektabel abzuschneiden. Das Streben nach immer mehr liegt in der menschlichen Natur.
Notfalls wird nachgeholfen. Mit Dopingpulvern oder Wahlzuckerln als falsche Versprechungen, die verboten sein sollten. Eine sommerliche Bilanz zwischen Schwimm- und Leichtathletik-Weltmeisterschaft sieht so aus: Bei den Wasserpaddlern führen Ex-Ganzkörperanzüge als "technisches Doping" zur Verdrängung der Frage, ob es sonstige Mittelchen gab. Dummerweise beginnt die Liste sowohl der Weltrekorde als auch der jüngsten Weltmeister mit Cesar Cielo Filho, der 2009 positiv auf Furosemid getestet wurde.
Das hilft, Dopingmittel aus dem Körper zu schwemmen und somit zu verschleiern. Filho wurde verwarnt. Was Politakteuren gleicht, denen der erhobene Zeigefinger droht, wenn sie mit nebulösen Voodoo-Sprechformeln die zahlenmäßige Notwendigkeit einer Erhöhung des Pensionsalters, der Steuern oder der Arbeitsleistung ausschließen.
Bei den Athleten ist die Überraschung nach den Dopingfällen US-amerikanischer und jamaikanischer Sprinter geheuchelt. Florence Griffith-Joyner lief 1988 vor ihrem Ableben über die Sprintstrecken schneller als die österreichischen Männer-Staatsmeister 2013. Bilder der Tschechin Jarmila Kratochvilova - sie hält über 800 Meter den ältesten Rekord - und von Kugel-, Diskus- und Hammerstars lassen Ben Johnson als schmächtiges Milchbubi wirken. Die Parallele zu Wahlkämpfen ist, dass angeblich nur die anderen zu unerlaubten Tricks greifen, während unsereiner im weißen Blütensaft badet.
So schluckte und spritzte der böse Ostblock, systematisches Doping in Westdeutschland wurde erst soeben aufgedeckt. Oder es waren suspekte Spanier und Italiener, denen man alles zutraute. Bis Jan Ullrich zu unglaubwürdig war, jemand hätte ihm in der Diskothek etwas ins Glas getan. Oder Läufer Dieter Baumann, der seinen Dopingbefund auf manipulierte Zahnpasten zurückführte.
Österreichs Parteien erwecken hingegen den Eindruck, unverdrossen zu glauben, dass man mit der Ausreizung aller Grauzonen bei Wählerverzeichnissen oder Wahlkampffinanzierung durchkommt. Kein Wunder, denn wer fragt, ob skifahrerische Muskelpakete stets legal zustande kommen, gilt hierzulande geradezu als Nestbeschmutzer.
Der Fall Zabel und das Radfahren zeigen, dass Medien und Öffentlichkeit keine ewige Schimäre mögen. Langsam entdecken wir, dass sogar relative Leistungen spannend sind. Politikern wäre ähnliche Bescheidenheit anzuraten.