Wer bei der Überschrift vor Empörung zuckt, hat etwas missverstanden. Nationale Politiker zahlen für ihr Gehalt dieselben Abgaben wie Normalsterbliche. Das ist gut so. Bis 1972 gab es nämlich wirklich keinerlei Steuern auf Politikerbezüge, bis 1983 nur eingeschränkte. Doch haben Abgeordnete und Regierungsmitglieder zudem einen Teil des Einkommens an ihre Partei abzuliefern.
Hubert Sickinger - in Sachen Politikfinanzierung der führende Experte - bezeichnet das wissenschaftlich korrekt als "nicht staatliche Finanzquelle von Parteien" und "Sonderbeiträge von Mandataren". Freilich nennt Sickinger genauso die Dinge beim Namen und macht aus seiner Meinung kein Hehl: Es handle sich um eine Parteisteuer, welche eine versteckte Geldausschüttung an SPÖ, ÖVP, FPÖ, BZÖ und Grüne darstellt. Dieser intransparente Unsinn wäre ersatzlos abzustellen.
Nur in der Frühgeschichte von Demokratien musste man so vielleicht den Bestand der Partei sichern. Heute ist das angesichts üppiger Parteienförderungen lächerlich. Auch bloß historisch ist die Ursprungsidee, dass Politiker das mittlere Arbeitereinkommen haben sollten. Das rührt aus einem egalitären und letztlich kommunistischen Gesellschaftsmodell. Wer ein solches vertritt, müsste aber geringere Politikergehälter verlangen, anstatt farbübergreifend den jeweils eigenen Leuten zugunsten der Parteikassa etwas abzuknöpfen. Den Politikern als Person wurde jedenfalls ein Bärendienst erwiesen. Sie müssen ein Gehalt rechtfertigen, von dem sie durchschnittlich 15 Prozent an die Partei überweisen. Oft sogar gemäß Parteistatut. Mangels Wissen darüber heißt es in der Debatte über Politikergehälter, Abgeordnete zum Nationalrat verdienen im Vergleich zu EU-ropäischen Parlamenten besonders viel.
Dass Parteisteuern international üblich sowie in Frankreich und Italien höher sind, macht es nicht besser. Geradezu absurd ist die Aussage, dass daher die Mitgliedsbeiträge niedriger wären. Ach ja, also dürfen indirekt alle steuerzahlenden Nichtmitglieder dafür blechen?
Offen bleibt die Frage, warum vor allem Abgeordnete ihre Parteisteuerzahlungen nicht einstellen und sich lieber finanziell beschneiden. Entweder ist wieder einmal die Partei stärker als der freie Wille und das in Wahrheit unfreie Mandat. Oder sie hoffen, ihren Stellenwert in der Partei auf fragwürdige Art abzusichern.
Tragikomisch ist, dass hier eigentlich ein Plädoyer für angemessen hohe Politikergehälter stehen würde. Schließlich wollen wir bessere statt billigstmögliche Volksvertreter. Mit Dumping-Löhnen findet sich nirgendwo Spitzenpersonal. Doch das Konstrukt der Parteisteuern verhindert den Lanzenbruch für die Politikergagen. Warum? Herrje, was Österreich mit dem parteilichen Steuergeld beispielsweise in der politischen Bildungsarbeit für Kinder und Jugendliche alles tun könnte.