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Über Geld spricht man nicht

Aus Anlass der Budgetrede der Finanzministerin: Plädoyer für ein Schulfach "Wirtschaftserziehung"

In der Vorwoche hat Maria Fekter als oberste Verwaltungsbeauftragte für die finanziellen Angelegenheiten der Republik ihre Budgetrede gehalten. Dabei ging es in Zahlen gefasst um die Zukunft des gesamten Landes und all seiner Bürger. Trotzdem war Fekters rund 80-minütige Sprechübung bloß für 24 Stunden das televisionäre Top-Thema und wurde in Boulevardzeitungen nur vorübergehend zur Schlagzeile.

Bereits am Abend regierte König Fußball und feierte einen Kantersieg gegen Fekter als Studiogast der Zeit im Bild 2. Das Match endete mit über einer Million Zuseher in der Zweithalbzeit von Österreich und Kasachstan im Vergleich zu 396.000 Fans des Interviews von Armin Wolf mit der Finanzministerin. In Marktanteilen der Sendungen gemessen waren es 38 zu 16 Prozent.

Am Folgetag rutschte das Milliardenbudget auf den Internetseiten bald nach unten. Um 18 Uhr rangierte die Meldung auf orf.at kurzfristig gleichauf a) mit der Meldung über den Beschluss eines Bettelverbots im Salzburger Landtag, und b) einer polizeilichen Anzeige des BZÖs von Frank Stronach wegen Bestechung von Abgeordneten zwecks Parteiwechsels. Warum?

Gerhard Steger, Sektionschef im Finanzministerium, stellt in Vorträgen eine sowohl sprachlich gelungene als auch inhaltlich den Punkt treffende Einstiegsfrage: "Was ist 18 cm . . .?" Der Leser irrt, denn es geht um einen Papierstoß. Dieser hat über 3000 Seiten, nämlich jene des Budgets samt Begleitheften. Obwohl dieses Gesetz von sämtlichen Parlamentsbeschlüssen - theoretische Kriegserklärungen ausgenommen - unser Leben am meisten bestimmt, hat es medial niemand gelesen.

Das von Journalisten annähernd vollständig zu verlangen, wäre beim gigantischen Zeitdruck ihrer Arbeit eine Zumutung. Selbst für extrem interessierte Bürger würde die technokratische Lektüre zur Höchststrafe, und Otto Normalverbraucher ist mangels Fachwissen dabei zum Scheitern verurteilt. Wirtschaftsexperten versuchen ihr Bestes, doch unzählige Tabellenlisten in wenigen Minuten eines Radio- oder TV-Gesprächs erklären? Das geht nicht.

Während wir von Politikern mehr Transparenz über kleinste Details ihrer Finanzgebarung verlangen, bleiben die summarischen Geldeinnahmen und
-ausgaben des Staates ein intransparentes Mysterium. Ist die Budgetkommunikation aufgrund der Komplexität eine "mission impossible"?

Nein. Weil nämlich beispielsweise Herr Steger exzellent allgemein verständliche Vortragsmaterialien liefern kann. Also stellt sich die Frage, warum nicht jenseits von Gesetzen das Jahr bildungspolitisch besser genutzt wird, um die ökonomische Kompetenz zu erhöhen. Nichts gegen viele Projekte der Schul- und Erwachsenenbildung von Verkehr bis Umwelt, doch fristen Themen von Budget bis Euro da leider ein Mauerblümchendasein. Wirtschaftserziehung als Pflichtfach, das wäre jedoch kein Fehler.