Da muss die Gegenfrage erlaubt sein, wie es eigentlich mit dem Demokratiebewusstsein des Souveräns vulgo Volk aussieht. Die aktuellen Daten des Eurobarometer - eine im Halbjahresrhythmus durchgeführte Standarderhebung in allen EU-Mitgliedsländern - ergeben da einen traurigen Befund.
Man ist der Meinung, dass ohnedies alles nichts bringt. So sagen wenig überraschend nur knapp über 15 Prozent der Österreicher, eine Mitgliedschaft in Partei oder Gewerkschaft führe dazu, dass politische Entscheidungsträger sich um die Meinung der Wähler kümmern. Eine Nicht-Regierungsorganisation (NGO) unterstützen wollen jedoch gar bloß acht Prozent.
Ähnlich niedrig ist die Bereitschaft, sich an Bürgerversammlungen oder sonstigen Debatten bis hin zum Internet zu beteiligen. Eine Petition unterschreiben oder an einer Demonstration teilnehmen würde weniger als jeder Fünfte. Trotz einer höheren Wählerzahl sehen schlappe 50 Prozent einen Sinn darin, seine Stimme abzugeben.
Das kann man böse zusammenfassen: Die Zahl der ja durchaus mit gerechtfertigten Argumenten jammernden Nörgler an den politischen Zuständen beträgt 70 oder 80 Prozent. Der Anteil derer, welche etwas dagegen tun wollen, ist ein armseliger Bruchteil. Der tragikomische Clou ist, dass wir damit im EU-Durchschnitt liegen.
Ein Grund dafür sind erschütternde Defizite der Politischen Bildung. Wie kann das Volk seine nachvollziehbare Kritik an der Europolitik ihrer Staatsoberen anbringen, wenn rund 1,5 Millionen Österreicher vom Europäischen Rat der Regierungschefs nie (!) etwas gehört oder gelesen haben.
Das ist, als wenn Fußballfans kein Wissen hätten, was der Ball und ein Tor sind (oder Spieler, Mannschaften, Trainer und Schiedsrichter) und dennoch in übelster Form schimpfen. Beim Kicken im Stadion ist das unvorstellbar, und in der EU-ropäischen Politik normal.
Dass mit sinkender Tendenz nur ein Drittel dem Rat vertraut, sollte Werner Faymann und seinen internationalen Kollegen sehr zu denken geben. Doch ist es fast menschlich, wenn Regierungen angesichts der obigen Zahlen bei einem negativen Feedback zynisch lächeln anstatt es ernster als bisher zu nehmen. Es ist schließlich nicht so, dass die Ratsgipfel in den Medien unauffindbar sind.
Eine bessere Politikvermittlung und mehr Demokratie sind eine Bringschuld der Parteien. Da liegt viel im Argen. Es gibt aber zudem eine Holschuld von uns allen, politisches Interesse zu zeigen und etwas für die Demokratie tun zu wollen. Sonst ist sie wirklich in der Krise.