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Wahlen ohne Regierung

Politikstudien ergeben einen traurigen Befund: Wahlen gelten für immer mehr Bürger als unzureichend, um die Organisation des Staates als Gemeinwesen in gute Hände zu legen. Das gefährdet die Demokratie.



Österreich und seine Bundesländer sind auf dem besten Weg, Zweifel an der Wirkung von Wahlen zu bestätigen. Vor dem Superwahljahr 2013 geht es nicht um Schätzspiele, welche Partei wie viele Stimmenprozente erhält. Entscheidend ist, ob die Mehrheitsverhältnisse danach zu einer Regierung führen, der unabhängig vom persönlichen Wahlverhalten wenigstens das Bemühen geglaubt wird.

Infolge der Korruptions- und Spekulationsaffären schwächeln alle Systeme der Regierungsbildung gewaltig. In Kärnten gibt es den Proporz, welcher eine breite Basis der Zusammenarbeit garantieren soll. Aber glaubt irgendjemand, dass FPK und SPÖ mit ihren nach der Wahl fünf oder sechs von neun Regierungssitzen kooperieren? Gibt es stattdessen einen Pakt der Freiheitlichen mit dem Team Stronach oder der SPÖ mit ÖVP und Grünen, und betreibt das restliche Drittel der Regierung Oppositionsarbeit? Drohen gar unterschiedliche Mehrheiten in Landtag und Regierung, was konstruktive Politik erschwert und Landeshauptleute zu Frühstücksdirektoren macht.

Erwin Pröll ist das Gegenteil davon. Zeitgleich führt aber seine absolute Mehrheit im niederösterreichischen Proporz dazu, dass Nicht-ÖVP-Regierungsmitglieder von der Ressortverteilung her quasi für Wetterbeobachtung & Co. zuständig sind. Parallel zur Kärntner Blockadesituation und zur Pröll’schen Alleinherrschaft verspricht freilich die freie Koalitionsbildung in Tirol und insbesondere Salzburg genauso wenig Gutes.

Bisher haben trotz doppeltem Proporzende 1999 SPÖ und ÖVP jeweils weitergemacht. Im Salzburg könnte es nach dem Finanzskandal Proteststimmen für eine fünfte Landtagspartei geben. Das verunmöglicht die rechnerische Alternative einer Zweierkoalition mit FPÖ oder Grünen. Also müssten vielleicht zwei nunmehrige Spinnefeinde ihre Koalition fortsetzen. In Tirol hätte die ÖVP mehrere Farboptionen zur Hand, doch drohen ihr Abspaltungen und somit Dreiervarianten.

Theoretisch wäre das auch auf Bundesebene erfreulich, weil mehr Parteien die demokratische Vielfalt und den Interessenausgleich erhöhen. Die Praxis sieht anders aus: Unverträglich sind Rot und Blau, Blau und Orange, Grün und Blau-Orange sowie fast alle mit dem Team Stronach und umgekehrt. Die ÖVP will zudem nicht Mehrheitsbeschaffer für SPÖ und Grüne sein.

Also werden die Wähler demokratisch etwas entscheiden, dessen Konsequenz - vulgo Regierung - ihnen stark missfällt. Unsere Parteien hätten große Verantwortung, diese These zu widerlegen. Sonst haben ausgerechnet nach fünf Wahlen im Jahr 2013 Felix Baumgartners dümmliche Aussagen über eine gemäßigte Diktatur Hochsaison.