Da will im Wahlkampf niemand Ressourcen an Orten verschwenden, an denen keine Stimmen zu holen sind. Genauso ist es aus Politikersicht vergeudete Zeit, bei Leuten zu werben, die sicher eine andere Partei wählen.
Theoretisch gibt es daher drei denkbare Strategien. Erstens die Mobilisierung von Hardcore-Fans. Vermieden wird das Risiko, diese durch Botschaften an sonstige Gruppen zu verstören. Angesichts sinkender Zahlen fixer Parteianhänger, die auf Gedeih und Verderb immer dasselbe wählen - zu Bruno Kreiskys Zeiten waren es 80 bis 90 Prozent, heute höchstens ein Viertel -, reicht das kaum aus.
Zweitens bleibt also die Hoffnung, dass Stammwähler auf jeden Fall bei der Stange bleiben und entscheidende Wechselwählerstimmen gewonnen werden. Drittens überlegt jede Partei, neue Bevölkerungsteile für sich zu erschließen. Das betrifft etwa Wähler mit Migrationshintergrund. Nur sind hiesige Spitzenkandidaten nicht Barack Obama, dem das perfekt gelang.
Eine vierte Variante, die Kombination des Gesagten, klappt im geographisch und medial kleinräumigen Österreich selten. Die Zielgruppenansprache so zu planen, dass Parteien je nach Publikum unterschiedliche Wahlversprechen machen, fällt hierzulande schneller unangenehm auf als anderswo.
Daher zurück zu den Wechselwählern: In Parteistudien werden oft bloß deren soziale Herkunft und Wunschvorstellungen ausgewiesen, und keineswegs das Meinungsbild von 100 Prozent der Wahlberechtigten. Die Schlüsselfrage lautet, wer zwischen zwei oder mehreren Parteien schwankt, und wo solche Personen zu finden sind.
In den Städten geht es um berufstätige Frauen mittleren Alters. Sie führen oft ein bürgerliches Leben, was freilich nichts mit dem ursprünglichen Familienbild der ÖVP zu tun hat. Scheidung, Alleinerziehung und Patchwork passen nicht zu christlichem Fundamentalismus. Als Arbeiterinnen und Angestellte sind sie demnach für die SPÖ interessant, und außerdem mit den Grünen aufgewachsen. Die wirtschaftlich Enttäuschten unter ihnen stellen für FPÖ & Co ein Protestpotential dar.
Zusätzlich leben im städtischen Umland aller Bundesländer rund 700.000 Menschen, für welche das Gesagte generell gilt. Geschlechtsunabhängig trifft es auf alle in der Privatwirtschaft tätigen Personen zu. Sie entscheiden Wahlen, und demgegenüber stehen bestenfalls die zahlreichen Pensionisten als Restbestands von Stammwählern.
Doch für die beschriebenen Wähler mit wechselnder Parteivorliebe haben Traditionsparteien kein überzeugendes Programm, was Kommunisten bis Team Stronach Chancen eröffnet. Oder eben leider den Nichtwähleranteil steigen lässt.