Wer Aufregung und Zuneigung will, muss sich nicht verlieben, sondern im Internet bestellen. Wer sich gar nicht mehr erholen will von sich überschlagenden Aufregungen, stellt nach der Bestellung den Klingelton für eingehende E-Mails an. Da klingelt es, dass es nur so rauscht. So viel Zuneigung und Achtsamkeit, wie einem die automatischen Mails des Kapitalismus verschaffen, schafft kein Yoga-Urlaub. "Deine Bestellung wurde registriert." "Deine Bestellung wurde verpackt." "Deine Bestellung wurde versandt." Ein Maildurchfall in freundschaftlichem Ton und im Sinn der Kundenfesselung. Aber dann passiert's. Betreff: "Unerwartetes Problem beim Abschicken Deiner Bestellung". Uiuiui, was los, ich habe dir, Maschine, doch alles bestätigt, was du, Maschine, bestätigt haben wolltest. Bezahlt mit der Kreditkarte und meinen Daten. "Nachricht im Namen des versendenden Unternehmens" steht da. Jessas, was ist los? Ich brauch' das Zeug doch und lese dann: "Herzlichen Dank für die Bestellung. Wir fühlen uns geehrt. Wir hoffen, dass alles gut funktioniert und bitten um Nachricht, wie Du mit unserem Produkt zufrieden bist." Ah, bloß eine Nachfrage und keine Unterbrechung der Warenkette. Ich konnte leider nichts antworten. Denn noch war das Paket im "Versandstatus", sagte die nächste Mail. Da war das Packerl nach Information einer "Benachrichtigungsmail" noch nicht eingepackt, geschweige denn versandt, sondern nur als "Bestellung angenommen".
Zwischen der Aufregung der Mails von der Bestellplattform geht die private Nachfrage unter. "Hast du eh an unser Abendessen gedacht?" Sorry, aber wie könnte ich jetzt an Essen denken?
Das Packerl kam pünktlich, Ich weiß das, weil in einer Mail die Uhrzeit des "Zustellungsversuchs" stand. Der Postler oder der Paketdienstler oder wer immer den Hermes zwischen einer fernen Lagerhalle und meinem Zuhause machte, machte am Ende der Lieferkette nichts falsch. Alles kam dahin, wo es hingehört (hätte). Es konnte dort aber nicht bleiben, wie es in einer nächsten Mail - versehen mit der Zeile "Wir müssen mit Bedauern leider mitteilen" - berichtet wurde. Alles war so perfekt bis dahin. Doch der Zustellversuch war gescheitert. Ich allein war schuld daran, dass das Paket nicht ankommen konnte. Ich war nicht da. Ich war einkaufen. In einem richtigen Geschäft, Einzelhandel. Gleich ums Eck, aber mit Öffnungs- und also auch Schließzeiten. Ich folgte einem Hinweis, der den klassischen altmodischen Postweg genommen hatte. Mir wurde in einem Prospekt des Ladens angeboten, dass "alle Elektrogeräte" um 30 Prozent billiger seien. Ich brauche längst ein neues Radio. Ich fragte, was welches der vielen könne, was das Beste für mich sei. Schnell fand ich eines und fragte wegen der 30-Prozent-Verbilligung. Ja, das habe man im Angebot, aber das gelte nur bei Onlinekauf. "Wir haben eh eine Homepage zum Bestellen, stand auf dem Prospekt", sagt der Mann im Geschäft. Es stand tatsächlich auf dem Prospekt, aber ganz weit unten, weit kleiner gedruckt als das bunte "ALLES Minus 30 Prozent". Und also höre ich Radio immer noch per Handy, aber mit neuen Kopfhörern, wenn ich irgendwann Zeit habe, zur Abholstation zu radeln.

