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Einmal noch Entschleunigung - und ich geb Gas!

Jetzt redet schon wieder einer von Entschleunigung. Aber vorher muss er noch schnell zu einem Termin.

Bernhard Flieher

Gegen das Wort habe ich nichts. Gegen kein einziges. Wie auch? Ich lebe von Wörtern. Lesen. Schreiben. Das hat sich seit der Kindheit so ergeben. Und ich kann auch nicht - jedenfalls nicht viel anderes - und noch weniger, was Spaß macht. Worte können sich aber halt nicht gegen die wehren, die sie verwenden. Ich bin da auch ein bisserl überempfindlich. Andere reagieren mit Ausschlag auf Erdbeeren oder Nüsse - ich auch. Aber noch mehr drückt es mir innerlich Pickel ins Hirn beim schleißigen Umgang mit Worten. Meistens platzen diese Pickel dann eh nicht. Aus lauter Menschenliebe (und der Hoffnung, dass alles besser wird) nämlich - und auch weil ein intelligenter Ansatz, ein gerader Satz nichts hilft, wo sich depperte Oberflächlichkeit ins Geplappere mischt. Aber es wird immer schwieriger Demokrat und Pazifist zu bleiben. Und wie der eine am Badeplatz, der mit dem Deppen-Riesenauto, das eh nirgends Platz hat, und seiner Bikini-Tussi-Frau, wieder einmal sagt, dass er sich ja eh so anstrenge, sein Leben zu entschleunigen, und dass er jetzt wieder ein paar Tage zur Wellness fahren muss, da rede ich dann doch zurück. Ich sage: Du bist am See. Die Sonne scheint. Außer blöd daherreden hast du scheinbar nichts zu tun. Wo soll da Entschleunigung fehlen? Und für die Entschleunigung, sage ich, müsste man damit anfangen, dass man weiß, wo die Bremse ist. Aber so wie du mit deinem SUV-Kübel jedes Mal vom Schotterparkplatz ablegst, bin ich sicher: Du hast keine Ahnung, wo die Bremse ist. Und er sagt, dass es darum doch gar nicht gehe. Es gehe ihm nur ums Innere, um die Ausgeglichenheit. Und dann sagt er zu seiner Frau: Baby, tu weiter, ich hab noch einen Termin.