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Rechtschreibung ganz neu: Der "Genitiv international"

Über neue Regeln und das Haar in der Suppe.

Bernhard Flieher
Wo entstehen die Namen für Friseursalons?
Wo entstehen die Namen für Friseursalons?

Je nach Einsatzgebiet wird seit dieser Woche das schöne, weiche "ph" gegen ein scharfes "f" eingetauscht. Das gilt, wo geschrieben wird. Wenn's im Bilderbuch um den Flipper, den Freund aller Kinder, geht, wird der künftig so geschrieben: Delfin. Wenn daneben das Biologiebuch liegt, steht da drin jedoch: Delphin, weil's da um keine Kindergaudi geht, sondern ums Wissenschaftliche, ums Phach… - Pardon: Fachliche. F statt Ph also, aber nicht in der Philosophie, weil die ist nie ein gedanklicher Kindergeburtstag im Alltagsgebrauch - wie etwa auch die Physik. Sagen tu ich dann aber weiterhin Fühsik. Schreiben tu ich's anders. Beides egal, denn verstehen tu ich davon im Allgemeinen viel zu wenig. Pfff. Was wirklich schmerzt, bei den neuen Regeln der Rechtschreibung, die diese Woche in Kraft traten, ist die teilweise Abschaffung vom Genitiv, also des Genitivs. Der zweite Fall ist ein Glanzstück der Grammatik, ähnlich den erweiterten Infinitivgruppen. Der Genitiv - in Alltagssprache: zweiter Fall - ist eine schwierige, im Gesprochenen oft missachtete Feinheit, eine herrliche Sache der geistigen Leistung wegen. Fast so aufregend wie Flippers Abenteuer. Es passiert nun aber eine Anglizismierung des Deutschen. Denn es ist erlaubt, ein Apostroph zu setzen wie in "King's Speech" oder "Speaker's Corner". Das betrifft Ausnahmen. Bei Flippers Abenteuer wäre der Apostroph falsch. Aber wie gesagt: Es gibt Ausnahmen, und sie sind in der Grammatik bekanntlich das Salz der Sprachsuppe. Berndi's Suppentopf zum Beispiel, das darf man künftig mit dem Apostroph schreiben. Das gilt aber nicht, wenn ich es daheim in der Küche, also im Regelbetrieb des Alltags, mache. Es tät nur gelten, würde ich ein Lokal dieses Namens eröffnen. Dann nämlich wäre Berndi's Suppentopf der Eigenname eines Lokals oder gar einer Institution. Für deren Bezeichnung ist das Apostroph erlaubt. Das ist das Haar in der Suppe der Rechtschreibung. Apropos Haare: Da könnte die neue Apostroph-Erlaubnis tatsächlich viel Erfreuliches bewirken. Ich vermute ja lange schon, dass es geheime Labore für die Namensgebung von Friseurläden gibt. Irgendwo muss es ein Namensfindungsbüro geben, einen PR-Bunker voller genialer Kommunikations-Bachelors, denen Sachen wie "H-Vantgarde", "Haarmonie" oder "hair.force.one" einfallen. Nun können Haarpflegeanstalten endlich wieder "Susi's Salon" oder "Fredi's Schnitt" heißen. Mit dem englischstämmigen Apostroph schaut das dann trotzdem weltläufig und kreativ, ja international aus, was dann selbstverständlich so ausgesprochen wird: intanäschonäl.