Was bleibt? So am Anfang eines Jahres mag diese Frage durchaus verwundern. Da fragt man eher: Was kommt? Man tapst hoffnungsvoll, aber auch ein bisserl verunsichert umher mit der Sorge: Wie wird es werden? Und: Wird's überhaupt was? Für Lemmy Kilmister stellt sich die Frage nicht mehr. Er, Rockheld, starb kurz vor Jahresende. Der Tod löscht die Beschäftigung mit dem Morgen. Dafür drängt das Gestern heran mit der Frage: Was wird bleiben? Wie werden wir uns erinnern? Lemmy war Chef der Band Motörhead und als solcher einer der würdigsten Krawallmacher der Rockmusik. Sein unbeirrbares Dasein zwischen Bodenständigkeit und Wahnsinn ließ nicht nur eingeschworene Fankreise trauern, weil in Lemmy der Letzte einer untergehenden Zeit zu erkennen war, einer, der sich nicht verbiegen ließ. Solche Eigenständigkeit wird ja neuerdings immer leichtfertiger und freiwillig abgegeben an Überwacher, die sich als Bewacher aufspielen. Die Verantwortung fürs eigene Denken wird Regeln und Normen, politischer Korrektheit und vorauseilenden Vorsichten untergeordnet, statt als Abenteuer angelegt zu werden. Was also wird bleiben, außer peinlicher Selbstoffenbarung in sogenannten sozialen Medien? Und bleibt etwas übrig, wenn die Aufgabe der Eigenständigkeit sich einschleicht und die Eigenverantwortung kapituliert vor Trends und Moden? Wie wird's, wenn Selbstverblödung gewinnt? Es soll doch bitte schon irgendwas überleben oder? Irgendwann macht sich jeder Gedanken, was außer dem Grabstein bleiben wird, wenn sie oder er nicht mehr da ist. Buch schreiben? Baum pflanzen? Stiftung gründen? Ja eh. Jetzt aber, wegen Lemmys Ableben, werde ich auf eine ganz andere Idee gebracht. Die wahre Ewigkeit liegt dort, woraus sich die Welt bildet: im Periodensystem der Elemente, der Bausteine des Lebens! Grundsätzlicher geht es nicht. Eine Lemmy-Fan-Initiative hat dieser Tage auf der Website Change.org eine Petition veröffentlicht, um für ihren Helden solcherart die Unsterblichkeit zu erreichen. Man möchte, dass eines der kürzlich entdeckten Elemente im Periodensystem nach Lemmy benannt wird. Im Baukasten des Universums soll der ewige Rocker seinen Platz finden. Der für das Periodensystem zuständige Chemikerverband International Union of Pure and Applied Chemistry hatte Ende des Jahres die vier neuen Elemente offiziell bestätigt. Forscher können nun Namen vorschlagen. Die Fans schlagen "Lemmium" vor. Nun ist es so, dass der Chemikerverband Elemente gern nach mythologischen Termini, Mineralien, Ländern oder auch nach Wissenschaftern benannt haben möchte. Von Rockmusikern ist keine Rede. Anderseits: Lemmy als Mythos einer untergehenden Welt, als eigener Kontinent und auch als Forscher im Reich der heiligen drei Akkorde - das könnte hinhauen. Es geht bei Elementen um unverrückbare Bestandteile des Lebens. Im wilden Datenfluss und in der News-Schwemme, da könnte doch für mich und die anderen Altmodischen ein Zeichen gesetzt werden.
Menschlein, wie willst du ewig leben?
Es geht um das Entdecken einer Methode, die zur Unsterblichkeit führt. Das Periodensystem ist dafür ein guter Platz.
