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Die dreisteste Steuerlüge

Weil Männer mehr saufen und mehr Spritfresser fahren, gleichen sich künftig die Einkommen von Frauen und Männern stärker an. Diese Regierungslogik ist an Zynismus nicht zu überbieten.

Karin Zauner

Die Regierungspolitiker haben beim Thema Gleichberechtigung wirklich alles gründlich falsch verstanden. Denn anders, außer mit Zynismus, ist es nicht zu erklären, dass sie die neuen Steuererhöhungen als Wohltat für die Frauen und richtigen Schritt zu einer gerechteren Verteilung der Einkommen zwischen Männern und Frauen verkaufen wollen. Sollte es wirklich der künftige Weg in Richtung Gleichstellung sein, den Männern mehr Geld wegzunehmen, damit sich beide Geschlechter irgendwann auf unterstem Niveau treffen, aber dann zumindest gleichberechtigt? Dann sind Frauen und Männer gleichermaßen Verlierer, und das kann mit einer Gleichstellungspolitik doch wirklich nicht gemeint sein. Oder doch?

Wörtlich heißt es zu den Folgeabschätzungen des Abgabenänderungsgesetzes, das höhere Steuern aufs Autofahren, Trinken und Rauchen vorsieht: "Da einerseits Männer mehr Autos kaufen als Frauen und andererseits diese umweltschädlicher sind, und weil Männer Tabak und alkoholische Getränke in größeren Mengen konsumieren als Frauen, entstehen höhere Ausgaben für Männer, weshalb das tatsächlich verfügbare Einkommen von Frauen sich dem der Männer prozentuell annähert." Auch schön ist folgender Hinweis: "Es ist davon auszugehen, dass von der Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Gehältern über 500.000 Euro pro Jahr in erster Linie Arbeitgeber von Männern betroffen sein werden, da in diesen Gehaltsklassen der Männeranteil überproportional hoch ist." Was, nur nebenbei bemerkt, eine leichte Untertreibung ist, denn in diesen lichten Gehaltshöhen tummeln sich fast ausschließlich Männer. Tja, da werden die Unternehmer jetzt schnellstens Frauen in die Führungsebenen hieven, denn die machen die gleich gute Arbeit bekanntlich ja billiger, jedenfalls unter einer halben Million im Jahr, und Steuern spart das obendrein.

Die Gedankengänge hinter solchen Aussagen, die allein dem Zweck dienen, dreiste Steuererhöhungen zu beschönigen, sind folgende: Wir Politiker machen das Leben für die saufenden, rauchenden, spritfresserfahrenden und obendrein zu viel verdienenden Männer ordentlich teurer, dann nähern sich die Einkommen der Frauen im Vergleich etwas an. Die noch dazu mehr werdenden trinkenden und qualmenden Frauen wie auch die radfahrenden, abstinenten Männer sind dabei ein Kolateralschaden. Was soll's, man kann nicht alles haben.

Wer solchen Unsinn verbreitet, setzt sich nicht mit den wirklichen Gründen einer Einkommensschere zwischen Männern und Frauen auseinander. Das ist das wirkliche Problem. Denn dass Frauen in Österreich je nach ideologischer Betrachtung zwischen zwölf und 25 Prozent weniger verdienen als Männer, kann nämlich nicht damit geändert werden, dass die Flasche Sekt oder das Familienauto mehr kostet, das bräuchte ausgeklügeltere Ideen. Zugegeben, die kosten etwas, anstatt Geld fürs Budget zu bringen. Zu nennen wären der Ausbau einer qualitativen Kinderbetreuung oder ein Abgaben- und Steuersystem, das Frauen nicht dazu veranlasst, in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen zu verharren. Wer in Österreich die Geringfügigkeitsgrenze von 395 Euro im Monat überschreitet, muss für das gesamte Einkommen Sozialversicherungsabgaben zahlen. Das heißt, man hat sehr sprunghafte Grenzbelastungen bei Sozialversicherungsbeiträgen. Auch wer bei der Einkommenssteuer den Grundfreibetrag von 11.000 Euro überschreitet, muss dann einen hohen Steuersatz von 36,5 Prozent zahlen. Das sind Anreize, in Beschäftigungsverhältnissen mit weniger Verdienst zu bleiben. Und das alles sind Gründe, warum Österreich im EU-Vergleich bei der Teilzeitquote der Frauen weit über dem EU-Schnitt liegt.

Internationale, empirische Studien zeigen, dass Steuern und Abgaben bei Frauen einen großen Einfluss darauf haben, ob sie erwerbstätig sind und in welchem Ausmaß sie das sind. Alkoholsteuern und steuerliche Abzugsfähigkeit von Managergagen spielen in diesen Studien keine Rolle. Das trifft auch auf einen weiteren Griff des Staates zu, der sich durch den Entfall der Wertpapiere als begünstigte Wirtschaftsgüter für den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag ergibt. Aber zumindest offenbart das vorgelegte Papier dazu anschauliche Zahlen. Etwa, dass Frauen derzeit bei Einkünften aus selbstständiger Arbeit nur rund 44 Prozent der Einkünfte der Männer erreichen, bei den Einkünften aus Gewerbebetrieben sind es 78 Prozent. Die durchschnittlichen weiblichen Einkünfte aus selbstständiger Arbeit belaufen sich auf rund 18.800 Euro, die Männer liegen bei 35.900 Euro, bei den Einkünften aus Gewerbebetrieben sind es 18.900 Euro für Frauen und rund 24.000 Euro für Männer. Und wieder heißt es seitens des Ministeriums: "Diese Maßnahme wird zu einem größeren Steueraufkommen der Männer führen. Damit wird durch diese Maßnahme dazu beigetragen, das tatsächlich verfügbare Einkommen von Frauen und Männern prozentuell anzunähern." Wem das nützt? Keiner einzigen Frau und keinem einzigen Mann, außer dem Finanzminister. Und obendrein fühlen sich die Bürger ob solcher Argumentation auch für dumm verkauft.