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377 Wörter legen den Überwachungswahn offen

Viktor Hermann

Vorbeugung, Sicherheit, Bedrohung, CIA, Explosion, Crash, Aufruhr, Plündern, Zwischenfall, nuklear, chemisch, biologisch, Verbrennung, Nordkorea, Mutation, Resistenz.

Sie glauben, dies sei eine willkürliche Aneinanderreihung von Wörtern, die nichts miteinander zu tun haben? Falsch. Sie gehören zu insgesamt 377 Wörtern, die nach Ansicht des Amerikanischen Ministeriums für Homeland Security gefährlich sind oder doch wenigstens auf eine Gefahr hindeuten.

Wer die oben zitierten Wörter (oder deren englische Entsprechung) in einem elektronisch übermittelten Text verwendet, lädt damit die NSA, die CIA und alle anderen Geheimdienste der USA unwissentlich ein, künftig all seine Kommunikation zu überwachen.

Nun ist ja verständlich, dass "Explosion", "schmutzige Bombe" oder "Sarin", "Kommunikationsinfrastruktur" oder "biologische Waffe" bei den Schlapphüten der Geheimdienste die Alarmglocken zum Klingen bringen. Aber warum "Hilfe", "Virus" oder "Schneesturm"? Wer also seiner Tante in Amerika mitteilt, dass er sich beim letzten Schneesturm ein Virus eingefangen habe, weshalb er die Hilfe eines Arztes in Anspruch habe nehmen müssen, der firmiert in Hinkunft bei den amerikanischen Sicherheitshysterikern als potenziell gefährlicher Terrorist, auf den man ein möglichst scharfes Auge haben sollte.

Die Folgen dieser Punzierung lassen sich leicht vorstellen: Bei jeder Einreise in die USA drohen lange Wartezeiten, der Name bleibt auf ewig gespeichert, die Fingerabdrücke ebenso.

Der Überwachungswahn amerikanischer und vermutlich auch aller anderen Geheimdienste dieser Welt gibt zwar vor, er wolle nichts als die Sicherheit der Bürger garantieren. In Wahrheit dient er lediglich dazu, möglichst jeden Menschen auszuspionieren und zu überwachen, wo und wie es nur geht.

Doch die Sache hat auch eine - wenn auch sehr leise und kleine - versöhnliche Note. Die Liste der Wörter wurde jetzt bekannt, weil das amerikanische Heimatschutzministerium dank demokratischer Kontrolle und dank der amerikanischen Verfassung gezwungen ist, teilweise mit offenen Karten zu spielen.

Der Freedom of Information Act zwingt das Heimatschutzministerium, sein Handbuch für die Lauschoperationen zu veröffentlichen. Und dank dieser Publikation ist jederzeit im Internet nachzulesen, was die Geheimdienstler im Internet suchen. Wenn Sie also demnächst auf Facebook Ihren Freunden mitteilen, sie litten an der Grippe (auch so ein Wort), dann schreiben Sie am besten gleich "schöne Grüße" an die CIA dazu.