Seine Anhänger nennen ihn "Heiligkeit", seine Gegner einen Terroristen. Wo immer in der westlichen Welt das religiöse Oberhaupt der Tibeter, der Dalai Lama, auftaucht, liegt ihm eine Schar von Verehrern zu Füßen. Ob Politiker ihn empfangen oder nicht, wird zum Gradmesser für das Rückgrat, das sie angesichts der Großmachtallüren der Regierung in Peking beweisen. Die Menschheit, so scheint es, teilt sich am Dalai Lama in die, die die Menschenrechte achten, und die anderen.
Der Mann ist aber auch ein Marketing-Genie, das die Leute spielend leicht dazu bringt, tief in ihre Taschen zu greifen und Geld auszugeben. An
einer zweitägigen "Unterweisung" in der speziellen tibetischen Variante des Buddhismus teilzunehmen kostet ganz schön. 150 Euro pro Kopf und Nase, da kommt schon was zusammen. Und die Vorträge wie jener in Salzburg kosten zwischen 40 und 90 Euro, je nach Sitzplatzqualität - bei 4700 Besuchern macht das über den Daumen gepeilt mehr als 300.000 Euro aus.
Dazu kommt, dass bei solchen Veranstaltungen Bild- und Tonaufzeichnungen verboten sind. Dafür kann jeder, der erleuchtet rausgeht, eine DVD von der aktuellen Veranstaltung mitnehmen. Merchandising der Extraklasse.
Wer weiß, sollten sich andere religiöse Gemeinschaften ein Beispiel an dem Mann nehmen und die Auftritte ihrer Würdenträger vergebühren. Das hätte in der katholischen Kirche zum Beispiel den Vorteil, dass nur mehr jene zahlen, die auch Leistungen ihrer Kirche in
Anspruch nehmen. Wer den Papst auf einer seiner Reisen live sehen will, der könnte durchaus seinen Obolus entrichten, ebenso wer zur Audienz jeden Mittwoch auf dem Petersplatz in Rom gehen will. Selbstverständlich abgestuft danach, ob man dem Papst im Papamobil nahe kommt oder ihn doch nur auf einer der vielen Großbildwände sieht.
Die so genannten Taufscheinchristen würden also nur fallweise zur Kassa gebeten, bei der Taufe, der Firmung, der Hochzeit und zum Begräbnis. Wer hingegen das Angebot seiner Kirche gründlich nutzt, könnte gemäß einer
abgestuften Preisliste regelmäßig Beiträge zum Wohl der Gemeinschaft leisten. Und als Material fürs Merchandising müsste man sich auch anderes einfallen lassen als die üblichen Heiligenbildchen.
Freilich müssten die kirchlichen Würdenträger dann an ihrem Image und an ihren Auftritten arbeiten. Wer den Leuten nur ins Gewissen redet und dabei auch noch ernst schaut, der wird vielleicht die Armen in der Dritten Welt anziehen, aber nicht das zahlungskräftige Publikum, das dem Dalai Lama überall die Säle füllt.