Ein jeder Wunsch, wenn er erfüllt, kriegt augenblicklich Junge. Wilhelm Busch wusste schon vor langer Zeit in Worte zu fassen, dass jeder Mensch umso mehr verlangt, je besser es ihm geht. So ist erklärbar, weshalb Großverdiener alles tun, um ein paar Euro weniger Steuern zu zahlen, als es ihnen zustünde. Leute, die in der Woche mehr verdienen als ein normaler Arbeiter im ganzen Jahr, übersiedeln nach Monaco, weil sie es nicht ertragen können, von ihren Millionen einen Teil abzugeben, auch wenn sie, ihre Kinder und Kindeskinder es kaum schaffen könnten, den derzeitigen Reichtum je zu verbrauchen.
Im Kleinen erleben wir gerade in Österreich zwei Fälle von Neid, Gier und Anspruchsdenken, die Anlass zur Sorge geben sollten. Der eine dreht sich um einen Feiertag, der nur für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe ein arbeitsfreier Tag ist. Es geht um den Karfreitag. Ein konfessionsloser Arbeitnehmer hat versucht, per Gerichtsentscheid eine Feiertagsentlohnung für den Karfreitag einzuklagen, weil er sich diskriminiert fühlt. Evangelische Österreicher haben am Karfreitag frei, andere - also Katholiken, Muslime, Buddhisten, Agnostiker und Atheisten - nicht. Da hat also jemand entschieden, dass ein anderer keinen Vorteil haben darf, den er selbst nicht hat. Das nennt man Neid.
Der andere Fall ist geradezu grotesk. Wer in Österreich im Gefängnis sitzt, verliert den Anspruch auf eine Invaliditätspension, weil ja in der Haft die persönlichen Lebensbedürfnisse eines Menschen durch den Staat abgedeckt sind. Ein Häftling, der ursprünglich Anspruch auf eine solche Pension hatte, entfloh der Haft, um es sich in der Dominikanischen Republik wohl sein zu lassen. Nun, da er wieder in Österreich in einer Strafanstalt sitzt, verlangt der Mann, man möge ihm doch für die Zeit, die er nicht im Gefängnis war, die Invaliditätspension nachzahlen. Schließlich habe sich in dieser Zeit ja der Staat nicht um sein Wohlergehen gekümmert.
Da schlagen Gier und Anspruchsdenken in einem Ausmaß zu, das einen nur noch offenen Mundes staunen lässt. Noch mehr als die Gier freilich verwundert einen die Kühnheit, mit der da jemand glaubt, er müsse für rechtswidriges Tun (immerhin saß er ja rechtskräftig verurteilt im Gefängnis und hat sich dieser Strafe unrechtmäßig entzogen) auch noch belohnt werden. Ähnlich verwunderlich ist auch, dass der Mann einen Anwalt gefunden hat, der diese Klage vor Gericht vertritt, statt dem Mann den Unsinn seiner Forderung vor Augen zu halten.
Aber wenn Neid, Gier und Anspruchsdenken regieren, verliert so mancher das Gefühl für das, was sich noch gehört und was nicht.