Vergangenen Sonntag war es wieder einmal so weit: Mit Ausbrechen der Sommerzeit hob der Chor der Kritiker an, diese Maßnahme als eine jener Schikanen zu verteufeln, die uns die "böse" Europäische Union, die imperialistischen Amerikaner oder sonst eine finstere Macht aufgedrängt habe. Sie bringe unseren Biorhythmus durcheinander und verwirre die armen Kühe im Stall. Die Sommerzeit soll so ziemlich an allem schuld sein, was die Menschheit plagt: Herzattacken, Schlaganfälle, psychiatrische Probleme und vieles mehr.
Es mag ja angehen, dass Menschen sich von dieser Umstellung zwei Mal im Jahr - ein Mal im Frühling hin zu Sommerzeit, dann im Herbst zurück zur Normalzeit - irritiert fühlen. Es ist verständlich, dass mancher lieber die Morgensonne genießen möchte als die Abendsonne.
Haarig wird es aber, wenn Leute mit akademischem Anspruch auftreten und uns puren Unsinn erzählen. Dies tat jüngst ein deutscher Chronobiologe, Gelehrter einer Wissenschaft also, die sich mit der zeitlichen Organisation physiologischer Prozesse befasst. Das ist gewiss ein ehrenhaftes Unterfangen, wenn auch die Aussagen des Chronobiologen ein paar Fragen offen lassen.
So erklärte der Gelehrte, dass sich die innere Uhr des Menschen eng an die natürlichen Abläufe des Tages anlehne. Unser von Arbeitszeit und sonstigen Verpflichtungen geregeltes Leben sei ohnehin schon immer im Zwiespalt mit der biologisch geformten inneren Uhr. Deshalb schmerze den menschlichen Körper und damit seinen Geist die Umstellung auf die Sommerzeit ganz besonders.
Folgt man dieser Behauptung, dann ist unsere innere Uhr im ständigen Widerspruch zur gesellschaftlichen Uhr. Denn die Sonne geht im Juni um fünf Uhr auf, im Jänner kurz vor acht. Das ergibt im Laufe eines halben Jahres eine Differenz von drei Stunden. Da ist das Stündchen, das wir jetzt früher aufstehen, doch ein Klacks. Doch der Herr Chronobiologe wusste noch mehr. Er lehnt es ab, die Sommerzeit zur Normalzeit zu erklären, denn dann wäre ja, so der Forscher, der Mensch nicht nur sechs, sondern gleich zwölf Monate in der falschen Zeit. Womit er ignoriert, dass die meisten Menschen, die die Sommerzeit nicht mögen, sich vor allem an der Umstellung stoßen.
Bedenkt man, wie sehr der menschliche Organismus von Licht und Temperatur abhängt und wie sehr sich diese übers Jahr ständig verändern, dann kann man sich nur wundern, wieso ausgerechnet Leute mit akademischem Anspruch einer einmaligen Umstellung der Zeit alle sechs Monate solch schreckliche Folgen unterschieben können. Da wird die Selbstdarstellung zur Scharlatanerie.