Picksüßer Brotaufstrich, Fischstäbchen, Dosenfleisch und allerlei andere Lebensmittel, aber auch Gegenstände des täglichen Gebrauchs sind ins Zentrum eines Konflikts gerückt. Des Konflikts zwischen den relativ neuen Mitgliedern der Europäischen Union und der Wirtschaft in den etwas älteren Teilen der EU. Ungarische, polnische, slowakische und manche andere Politiker beklagen sich in Brüssel, dass bestimmte Waren auf ihrem Weg aus dem Westen der Union in den Osten einen mysteriösen Qualitätsverlust erleiden.
Zwar werden dieselben Politiker aus denselben Ländern nicht müde, auf die EU-Zentrale in Brüssel zu schimpfen und hinzuhacken, wenn diese von den Osteuropäern die Einhaltung gewisser demokratischer Qualitätsstandards einfordert oder gar die Solidarität dieser Länder bei der Beherbergung von Flüchtlingen anmahnt. Doch wenn es ums Essen geht, dann ist Ungarn, Slowaken und Polen die EU gerade recht, um ihrerseits Forderungen zu stellen. Selbst wenn einem diese Doppelbödigkeit nicht gefällt, muss man schon aus Prinzip festhalten, dass den Osteuropäern in der EU selbstverständlich dieselbe Qualität in allem zusteht, wie sie die Westeuropäer genießen.
Nehmen wir die beiden plakativsten Streitpunkte: die Fischstäbchen und den Brotaufstrich Nutella. Fisch ist ja bekanntlich gesund, Fischstäbchen werden aus zu Platten gefrorenen Fischfilets produziert, die dann zu Stäbchen zersägt, in Kartoffelstärke, Mehl, Salz und Semmelbrösel gehüllt, für wenige Sekunden frittiert (der Fisch bleibt dabei gefroren) und dann wieder tiefgekühlt werden. Vom kulinarischen Standpunkt kann man gar nicht mehr Sünden begehen.
Nicht unähnlich der Fall Nutella. Die Hauptbestandteile sind Zucker, Palmöl, Haselnüsse - und dann erst kommt der Kakao, also das, was den Aufstrich nach Schokolade aussehen lässt. Gesund ist da gar nix und die Ungarn beklagen, dass der Aufstrich in Ungarn weniger cremig sei als im Westen. Wollen sie noch mehr Öl drin haben?
Die Kläger übersehen allerdings bei all diesen Dingen einen wesentlichen Punkt. Sie sind nicht mehr in einer staatlich verordneten Monopolwirtschaft, in der der Konsument nehmen muss, was man ihm vorsetzt. Unter den Gesetzen des Marktes obliegt die Kaufentscheidung tatsächlich den Menschen. Was ihnen nicht schmeckt, werden sie nicht kaufen, also werden die Hersteller sich bemühen müssen, bessere Qualität anzubieten.
Eine Verschwörung des Westens gegen den Osten sähe vermutlich anders aus. Aber vielleicht dienen die Klagen über westliche Benachteiligung des Ostens auch bloß als Ablenkungsmanöver.