Die Schuldenkrise, also die hohe Staatsverschuldung in vielen Mitgliedsstaaten und die ebenfalls hohe Verschuldung der privaten Haushalten, ist noch immer präsent. Die Bankenkrise ist längst noch nicht gelöst, ebenso wenig, wie die strukturellen Reformen bereits abgeschlossen sind.
Die Gefahr weiter anhaltender wirtschaftlicher Stagnation, hoher Arbeitslosigkeit, fallender Einkommen und Deflation, also dauerhaft fallender Preise, ist nach wie vor groß. Was Europa dringend braucht, ist Wachstum. Doch woher soll es kommen, wenn angesichts der Schuldenkrise öffentliche wie private Haushalte zum "Sparen gezwungen" sind und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage von dort keine Impulse erhält?
Europa leidet aber noch unter einem anderen Phänomen, nämlich einer generellen Investitionsschwäche. Als Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise ist die Investitionstätigkeit in Europa massiv eingebrochen. Die Bruttoanlageinvestitionen in der EU sind seit Beginn der Krise 2008 um gut 14 Prozent gesunken, in der Eurozone waren es sogar 15 Prozent und in den südlichen Krisenländern gingen sie um rund ein Drittel zurück. Investitionen sind aber nicht nur der Wachstumsmotor per se, sondern auch Garant für die künftige Wettbewerbsfähigkeit. Sie sind Träger des technischen Fortschritts und der Antrieb für jegliche Produktivitätssteigerung.
Das Ausbleiben eines Investitionswachstums gibt Anlass zur Sorge.
Was Europa daher dringend braucht, ist eine Investitionsagenda. Diese kann sowohl zusätzliche öffentliche Investitionen beinhalten als auch Impulse für private Investitionen setzen.
Von der Aufgabenstellung her wären öffentliche Investitionen in die Bereiche Forschung, Bildung, Gesundheit und Energie dringend nötig. Nicht alle Staaten der EU werden angesichts ihrer Verschuldungssituation große Programme auflegen können, aber es gibt Ausnahmen. Deutschland könnte sich bei seiner Budgetsituation als Wirtschaftslokomotive profilieren, zum eigenen und zum Nutzen ganz Europas.
Die andere Alternative ist, dass die privaten Investitionen angekurbelt werden. Europa hat dazu im Grunde die Instrumente an der Hand. So könnte man etwa den Europäischen Investitionsfonds ausbauen, indem er nicht nur Kredite und Garantien an Banken vergibt, sondern auch direkt Investitionen privater Unternehmen fördert.
Eines muss der Politik dabei allerdings klar sein: Weder eine Reform der Finanzpolitik, die sich derzeit in rigorosen Sparprogrammen erschöpft, noch eine Reform der Banken reichen aus, damit Europa auf den Wachstumskurs zurückkehrt.
Dafür braucht es zusätzliche Nachfrage. Eine Investitionsagenda der Europäischen Kommission und der EU-Mitgliedsstaaten kann dabei helfen. Voraussetzung: Das Vertrauen in die Politik ist gegeben. Herr Präsident Juncker, Glück auf!