Noch nie hat die Welt einen so rasanten Wandel durchgemacht wie im letzten Jahrzehnt. Die "alten Industriestaaten" verlieren ihre Vormachtstellung. Die Geschwindigkeit, mit der sich dieser Prozess vollzieht und die Änderungen, die damit einhergehen, überraschen. Die Auswirkungen scheinen bisher in ihrer Tragweite weder verstanden noch antizipiert zu werden.
Das Geschehen in der Weltwirtschaft hat sich in den vergangenen Jahrzehnten massiv von Europa und den USA nach Asien und Südamerika verschoben. Sicher, die zentrale Kraft all dieser rapiden Veränderungen ist der Aufstieg Chinas. Aber auch andere Länder wie Indien oder Brasilien haben zu dieser gewaltigen Verschiebung beigetragen. China, dessen Anteil an der Weltwirtschaft zu Beginn der 90er-Jahre gerade einmal gut zwei Prozent betrug, hat mittlerweile die Zehn-Prozent-Grenze überschritten und ist nach den USA die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt.
Wie drastisch sich die Relationen in der Welt verschoben haben, zeigt folgender Vergleich: Zwischen 1980 und 2010 hat sich das nominelle BIP der USA verfünffacht, das von China aber verdreißigfacht. Und während die EU und die USA in den Neunzigerjahren noch rund 60 Prozent des Welthandels auf sich vereinigten, sind es heute nur mehr knapp über 40 Prozent. China hat in absoluten Zahlen Deutschland als Handelsnation Nummer zwei hinter den USA überholt. Gigantisch nimmt sich der Aufholprozess in der ersten Dekade dieses Jahrhunderts aus, mit jährlichen Wachstumsraten des China-Außenhandels von über 20 Prozent.
Angesichts der Dynamik, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten stattgefunden hat, muss man sich fragen, wie unsere Welt am Ende dieser Dekade ausschauen kann. Würde man den Trend des letzten Jahrzehnts fortschreiben, so würden im Jahr 2020 die BRIC- Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) ein höheres Handelsvolumen aufweisen als die EU und die USA zusammen. Aber selbst wenn sich das Trendwachstum in den BRIC-Staaten halbierte, würde ihr Anteil am Welthandel von 14,6 Prozent von 2010 bis 2020 auf 22,8 Prozent steigen. China wäre auch in diesem Fall mit 15,6 Prozent die größte Handelsmacht der Welt, die USA mit 8,9 Prozent weit abgeschlagen.
Doch wie immer die konkreten Zahlen 2020 aussehen werden, eines steht schon heute fest: Für die Herausforderungen einer globalen Wirtschaftspolitik braucht es neue Strukturen. Organisationen wie der Internationale Währungsfonds, die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung), oder die Gruppe der sieben großen Industriestaaten plus Russland, G-8, reflektieren nicht mehr die Interessenlagen des 21. Jahrhunderts. Ohne die neuen Global Player in den internationalen Gremien zu berücksichtigen wird es schwer sein, die Herausforderungen des 21. Jahrhundert zu bewältigen. Wie ist es zu rechtfertigen, dass die OECD-Staaten im IWF Stimmrechte von 62,9 Prozent (davon 16,8 USA) haben und China lediglich 3,7 Prozent? Warum haben Kanada und Italien einen Sitz in der Gruppe G-8, nicht aber China, Indien oder Brasilien? Mehr Einfluss für die neuen Global Player heißt für sie aber auch, mehr Verantwortung zu übernehmen. Und beides ist einzufordern.