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Fünf Jahre Finanzmarktregulierung neu: Erfolg oder Misserfolg?

Die Finanzkrise hat viele neue Vorschriften gebracht. Dennoch ist die Aufsicht noch lückenhaft, vor allem fehlen globale Regeln.

Marianne Kager

Es ist gut fünf Jahre her, dass die Reform der Finanzmarktregulierung zum Topthema der internationalen Wirtschaftspolitik erklärt wurde. "Eine globale Krise braucht globale Lösungen" (© Nicolas Sarkozy), lauteten die Schlagzeilen. Akteuren in Politik, Notenbanken und Aufsichtsbehörden war klar: Ein Gutteil der Finanzmarktkrise 2007/08 ist auf die mangelnde Fähigkeit der Regulierungs- und Aufsichtsbehörden zurückzuführen, systemische Risiken der Finanzmärkte richtig einzuschätzen.

Die Finanzmarkt-Reformagenda von 2009 versprach nicht nur strengere Regeln für Banken, sondern auch die Einbeziehung bis dahin nicht beaufsichtigter Finanzinstitute, die internationale Harmonisierung von Regeln und die bessere Koordinierung der Aufsichtsbehörden.

Die Ergebnisse dieser internationalen Finanzmarktreform sind fünf Jahre danach bestenfalls gemischt. Zweifelsohne gab es Fortschritte, was die Eigenkapitalanforderungen an Banken betrifft. Für sogenannte systemrelevante Banken gibt es zusätzliche strengere Vorschriften und sie unterliegen zumindest in der Eurozone einer gemeinsamen Aufsicht durch die Europäische Zentralbank. Die Anforderungen an die Ratingagenturen wurden geregelt, die großzügigen erfolgsabhängigen Vergütungen für das Management beschränkt. Für die bis zur Finanzkrise nicht regulierten Finanzinstitute wie Hedgefonds etc. wurden neue Vorschriften beschlossen. Last but not least gibt es zumindest in der EU einen gemeinsamen Mechanismus für die Restrukturierung und Abwicklung von in Schieflage geratenen Banken. In den vergangenen Jahren wurden Tausende Seiten neuer Vorschriften geschaffen. Aber sind wir dadurch besser gegen Finanzkrisen wie jene von 2007/08 gerüstet?

Erstens ist der Umfang eines neuen Regelwerks noch keine Garantie für seine Effizienz.

Zweitens sind Teile der Agenda noch immer nicht umgesetzt. Die sogenannten Schattenbanken - Finanzinstitute, die bankähnliche Dienstleistungen erbringen - sind erst in Ansätzen reguliert. In EU und Eurozone gibt es zwar einen gemeinsamen Abwicklungsmechanismus für in Schieflage geratene Banken. Eine Regelung für die globale Finanzwelt fehlt. Es gibt bis heute weder eine Harmonisierung internationaler Bilanzierungsregeln noch internationale Standards für ein Konkursrecht.

Drittens, und das ist der größte Schwachpunkt, ermöglicht das derzeitige Aufsichtsregime den Banken nach wie vor große Spielräume in der Risikobewertung ihrer Aktiva. Der Basler Ausschuss, das Gremium der internationalen Bankenaufseher, und der Internationale Währungsfonds haben wiederholt festgestellt, dass gleich gelagerte Risiken von Finanzinstituten höchst unterschiedlich bewertet werden.

Aber wenn gerechtfertigte Zweifel an der Bewertung des Risikos bestehen, dann sind auch die von den Aufsichtsbehörden vorgeschriebenen Kennzahlen - wie Eigenkapital in Prozent der risikogewichteten Aktiva - ohne Aussagekraft. Anders ausgedrückt, steht ein umfangreiches Regelwerk dann auf tönernen Füßen.