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Die Akte X & das große Wiehern

Dinge zu vergessen ist oft lästig. Manchmal ist es aber schwer zu verzeihen.

Heinz Bayer

Da stehen sie. Rundum nichts als ein leerer Parkplatz. Seit Stunden kleben sie förmlich an der gleichen Stelle fest.

Schon tauchen Fragen auf: Ein Zeichen? Spontane Kunst im öffentlichen Raum? Hatte ein Pilger endgültig das Pilgern satt? Oder ist das, was da steht, ganz banal nur ein vergessenes Paar Wanderschuhe - zart umweht vom eigenen Dunst, und das im öffentlichen Raum? Letzteres war der Fall.

Zurück von der Bergtour stieg der Besitzer von alpiner "Bereifung" auf leichteres Sommer-Schuhwerk um. Dann fuhr er mit dem Auto weg. Beglückt von der Tour, vergaß er die Welt - samt seinen Schuhen. Aber nicht einfach so hingeworfen ließ er sie zurück. Fein säuberlich blieben sie stehen. Daheim folgte ganz sicher das heitere Familienspiel: Die Akte X - verschollene Schuhe im Bermudadreieck.

Ja, ja: die Vergesslichkeit. Sie ist schon ein Hundling. Manchmal bringt sie uns um unsere Wanderschuhe. Manchmal arg in Verlegenheit. Manchmal tut sie das aber gar nicht. Der Salzburger Pferdezuchtverband fällt offenbar unter diese Kategorie.

Vor mehr als zwei Jahrzehnten wurde der Auftrieb der Deckhengste auf die Weideflächen der Salzburger Pferdealmgenossenschaft Grieswies öffentlich zugänglich gemacht. Ein Geheimtipp! Klein und fein. Dennoch großes Theater von Anfang an. Eine geschlossen bäuerliche Veranstaltung war es. Ein Fest unter Gleichgesinnten. Erst kamen 100, dann 250 - heute kommen Tausende Zuschauer. Vor allem Touristen sind es, die das Spektakel sehen wollen. Nicht wenige in luftigen Tops und Flip-Flops. Auf knapp 2000 Metern Seehöhe, unterhalb des Hohen Sonnblicks, im Vorfeld des Nationalparks Hohe Tauern macht der Eintritt pro Besucher fünf Euro und die Parkgebühr pro Pkw zwei Euro aus. Viel Geld - und großes Gewieher.

Apropos Hengstauftrieb: Was da im Vorjahr an musikalischem Rahmen geboten wurde, war eine Schande. Ohrenbetäubender Krach. Seichteste volksdümmliche Schlager einer Zillertaler Irgendwasband aus der Konserve. Eine akustische Umweltbelastung, die den Grad der Zumutbarkeit weit überschritten hat.

Ist den Chefs des Landespferdezuchtverbandes Salzburg klar, dass sie auch einen kulturellen Auftrag haben? Dass es in Salzburg viele großartige Gruppen gibt, die wunderbare Volksmusik machen und deren authentische Musik sich auch über Lautsprecher mit Garantie gut anhört?

Hat da jemand seine Wurzeln vergessen? Wo er herkommt und wofür er eigentlich stehen sollte? Aber vielleicht wird heuer, kommenden Samstag, alles besser.