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Liebesgrüße an ein Auslaufmodell

"Entschleunigen" lautet das Zauberwort. In Dienten wird das durch die Benützung eines Skilifts möglich.

So jung und schon so alt. Seit heuer ist er ein knackiger Twen - und trotzdem bereits ein Auslaufmodell.

Resche zwanzig wurde er diesen Winter, der Gabühel-Doppelsessellift in Dienten. Seine Dienstfahrt begann 1992. Damals kam die Eröffnung einer revolutionären Tat gleich. Er löste einen Einersessellift ab. Durch das neumoderne Ding mit doppelter Sitzfläche verschwand der Stau an der Talstation wie durch Zauberhand. Den Gabühellift, mit feinstem Styroporbelag für den Popo, umgab immer schon eine sympathische Aura. "Gleiten statt Hetzen" lautet seit jeher das Motto. Die Talstation in Dienten liegt in 1071 Metern Seehöhe. Die Bergstation in 1634 Metern. Dazwischen aber, und das ist der entscheidende Punkt, dazwischen liegen zehn Minuten, die ganz und gar der Seele gehören.

Manche Menschen entschleunigen durch Yoga, durch Qigong oder autogenes Training. Die wirklichen Feinspitze aber, die Wissenden, die Erleuchteten, die fahren zeitig in der Früh mit dem Gabühellift. Wer auf halber Strecke über die linke Schulter blickt, schaut hinunter auf die idyllische Dientener Kirche. Heuer, in diesem unglaublichen Winter, fällt der Blick besonders schön aus.

Der alte Sessellift befördert die entspannt Reisenden durch zwei Waldstücke. Eigentlich sind es zwei Konzertsäle. Jetzt, im Februar, ist nämlich die Balzzeit der Meisen im vollen Gang. Deren Liebesgeträller klingt so: "Zizibäh, zizibäh". Gleichzeitig singen sie davon, dass der Frühling kommt. Nicht morgen. Aber schon bald.