Der populärste Fernsehjournalist klagt den Vizekanzler wegen übler Nachrede, Ehrenbeleidigung und Kreditschädigung. Eine höhere öffentliche Eskalationsstufe im Machtkampf der FPÖ um den ORF ist kaum vorstellbar. Denn abgesehen vom Konflikt mit Heinz-Christian Strache will Armin Wolf zurücktreten, wenn er nicht weiterarbeiten kann wie bisher. Angesichts dieses Stellvertreterduells fällt auf, wer dazu schweigt: Sebastian Kurz, Gernot Blümel und Alexander Wrabetz - ÖVP-Regierung und roter ORF-General.
Letzterer ist schmähstad, weil ihn ab Mai eine türkis-blaue Zweidrittelmehrheit im Stiftungsrat abberufen kann. Bundeskanzler und Medienminister halten den Mund, weil es nach den brachialen FPÖ-Attacken genügen wird, ihre schlimmsten Ansinnen abzuwehren, um dann umso leichter die eigenen Vorstellungen für einen gefügigeren ORF durchzusetzen.
So wie die Absetzung von Ex-Caritas-Präsident Franz Küberl, dem unabhängigen Stiftungsrat, sind diese Veränderungen weniger öffentlichkeitswirksam als das Gefecht Strache-Wolf. Dabei geht es eher um parteiliche Einflusssphären als um das Wohl des ORF.
Diese Auseinandersetzung um den öffentlich-rechtlichen Programmanbieter verdeckt das größere Ganze. Denn eine fürs Frühjahr angekündigte Medienenquete hat laut Regierungsprogramm drei Ziele: Einbindung aller Mitspieler der Branche, Leitlinien fürs neue ORF-Gesetz, politische Kursvorgabe für den Medienstandort im digitalen Zeitalter. Bemerkbar ist bisher aber bloß eine Debatte um Personal und Qualitätsstandards der ORF-Information.
Solch Ablenken und Nachhinken schadet im nationalen Wettlauf mit globalen Monopolisten. Wenn Facebook Meldungen von Medien zurückreiht und regionale Quellen bevorzugt, untergräbt dies das Vertrauen in unser System öffentlicher Information. Wenn Google in seinem Internet-Browser Chrome Werbeblocker einsetzt, gefährdet das die Finanzierung von Online-Nachrichten. Allein diese zwei aktuellen Entwicklungen zeigen: Wenn auch diese Regierung ORF-Einflussnahme mit Medienpolitik verwechselt, wird Österreich digital kolonialisiert.
Die Zuspitzung auf Strache gegen Wolf könnte in einem Rundfunkvolksbegehren enden, mit dem die direkte Demokratie ihre Rufer frisst. Doch es wäre ein Pyrrhussieg, wenn hinter dem Bürgeraufstand größere Aufgaben liegen blieben. Gernot Blümel muss zeigen, dass er kein ORF-Philister, sondern der Medienminister ist.
