Böse Katzen- und Gletscherzungen behaupten, in unserer Regierung gehe nichts weiter. Das ist selbstverständlicher absoluter Humbug. Die Koalitionsparteien haben sich gerade auf eine bahnbrechende Bildungsreform geeinigt, und zwar im ureigensten Interesse.
Denn schon der griechische Philosoph Demokrit riet vor beiläufig 2500 Jahren zur Bildung des Geistes, denn diese sei "im Glück ein Schmuck, im Unglück eine Zufluchtsstätte". Überdies weise Bildung den Weg zu einer heiteren Gemütsruhe, die er blumig "die Meeresstille der Seele" nannte.
Jetzt sind wir zwar ein Binnenland. Aber was, bitte, braucht unsere Große Koalition derzeit mehr als eine Zufluchtsstätte im Unglück und eine
Meeresstille der Seele? Gerade jetzt, wo die tosenden Wahlkampf-Wellen alles kurz und kern geschlagen haben? Eben. Daher nun Bildung des Geistes.
In monatelangen konstruktiven Schreiduellen und atmosphärisch überaus amikal verlaufenen Messerstechereien haben sich SPÖ und ÖVP auf eine Bildungsreform geeinigt, die folgende Hauptpunkte umfasst:
Schulklasta: Im Sinne der Verwaltungsvereinfachung können mehrere Schulen zu einem sogenannten Schulklasta zusammengefasst werden. Die Leitung übernimmt ein Klastafari, der an seinen Klastafarilocken zu erkennen ist.
Kurzunterricht: Die Begrenzung der Schulstunde auf 50 Minuten wird abgeschafft, und zwar deshalb, weil sich das ebenso segens- wie umfangreiche Wirken des Außenministers und Bald-ÖVP-Obmannes unmöglich in 50 Minuten abhandeln lässt. Für den Kurzunterricht ist vielmehr an die Einrichtung von Ganztagsschulen zu denken.
Kernstoff: Das Bildungsgut wird in Kern- und Erweiterungsstoff geteilt. Letzterer wird nur unterrichtet, wenn Zeit übrig ist. Absolut unverzichtbar ist hingegen die Behandlung des Kernstoffs, also die Würdigung des Wirkens des Herrn Bundeskanzlers. Gemeinsam mit dem Kurzunterricht bildet dieses Fach den Stoffklasta "Koalitionsbildung".
Schulverwaltung: Selbige wird auf völlig neue Beine gestellt. Mit dem Kompetenz-Wirrwarr ist endgültig Schluss. Die Verwaltung der Schulen erfolgt künftig durch eine gemischte Bund-Länder-
Bezirkshauptmannschaften-Gemeinde-Behörde, die gegenüber der EU, dem lieben Gott, der örtlichen freiwilligen Feuerwehr und dem Lenkungsausschuss von "Dancing Stars" weisungsgebunden ist. Das Einvernehmen mit dem Präsidenten der Präsidentenkonferenz der alpenländischen Schulwarteverbände ist selbstverständlich herzustellen.
Rollenspiele: Um die Schüler mit friedlichen Konfliktaustragungsmodellen vertraut zu machen, dürfen sie in den Schulpausen das Innenleben der ÖVP nachspielen. Als Pausenräume sind gut gepolsterte Gummizellen bereitzustellen. Am Ende des Rollenspiels wird jeweils ein neuer ÖVP-Obmann gewählt. Ob das mit der Anti-Folter-Konvention vereinbar ist, muss noch geklärt werden.
Politische Bildung: In diesem Fach dürfen die Schüler eine Pizza bestellen und mit dem Pizzaboten reden. Aber nur, wenn sie dem Mittelstand angehören.
Notenreform: Im Sinne einer schüler nahen, motivierenden Notengebung werden die Ziffernnoten durch eine ausschließlich positive, wertschätzende Verbalbenotung ersetzt. 5 wird zu "Geil", 4 zu "Urgeil", 3 zu "Megageil", 2 zu "Ul tramegageil" und die 1 (nach einem Vorschlag von Ex-Ministerin Maria Rauch-Kallat) zu "Oberaffentittengeil". Die Verleihung von "Oberaffentittengeil" erfolgt sub auspiciis praesidentis, also aus dem Munde des Herrn Bundespräsidenten.

