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Jetzt Herbstferien. Und dann schaffen wir den Bundesrat ab.

Warum Diskussionen so lange wie möglich geführt, aber um Himmels willen nie abgeschlossen werden dürfen.

Alexander Purger

In puncto Arbeitstempo hat unsere Regierung noch deutlich Luft nach oben, wie man heutzutage sagt. Um die dadurch entstehenden Luftlöcher in der Tagespolitik zu stopfen, gibt es eine überaus praktische Erfindung: den Diskussionsthemen-Fundus.

Darin liegt eine bunte Palette an interessanten Fragen bereit, die jederzeit von jedermann hervorgeholt, zur öffentlichen Debatte gestellt und dann wieder im Fundus deponiert werden können - bis zu ihrer nächsten Verwendung. Denn gelöst werden diese Fragen selbstverständlich nie. Sonst könnte man sie ja nicht immer wieder verwenden.

Zuletzt aus dem Fundus entlehnt war das schon oft und gerne eingesetzte Thema "Herbstferien". In einigen Wochen könnte man zur Frage "Abschaffung des Bundesrats" übergehen, die auch bereits vielfach gute Dienste geleistet hat. Hierauf wäre an die Verwendung des Themas "berittene Polizei" zu denken, eventuell in Kombination mit der regional zu variierenden Frage "Olympia-Bewerbung 2096". Es folgen die Punkte "Pensionsreform" und "kilometerabhängige Pkw-Maut". Und dann wird es wieder Zeit, über die Herbstfe rien zu diskutieren.

So wird es problemlos möglich sein, die Zeit bis zur nächsten Nationalratswahl mit Luftthemen zu füllen. Deren Vorteil ist es wie gesagt, dass ihre Diskussion völlig hypothetisch ist und keinerlei politischen Handlungsbedarf nach sich zieht. Das zeigt zum Beispiel das erwähnte Fundus-Versatzstück "Abschaffung des Bundesrats". Reihum hat schon jeder Politiker, der auf sich hält, die Forderung aufgestellt, man möge den Bundesrat aufwerten oder abschaffen. Wirklich jeder.

Selbstverständlich geschieht aber keines von beiden. Schließlich soll auch die nächste und übernächste Politiker-Generation noch die Chance haben, mit der Forderung aufhorchen zu lassen, den Bundesrat aufzuwerten oder abzuschaffen. Gleiches Recht für alle!

Ein abschreckendes Beispiel ist in diesem Zusammenhang die Frage "Frauen zum Heer", lange Jahre ein wahres Juwel im heimischen Diskussionsthemen-Fundus. Kein Sommer verging, in dem es nicht zum Einsatz gebracht und ausgiebig erörtert wurde. Dann jedoch geschah das Schreckliche: In einem Moment der Unachtsamkeit erledigte die Politik das Thema durch einen - horribile dictu - Beschluss! Nun ist das schöne Thema für alle Zeiten verloren. Ein schwerer politischer Schnitzer.

Doch man muss der Regierung zugestehen, dass sie aus diesem schlimmen Fehler gelernt hat. Bei Fragen wie "Nulldefizit" oder "Abschaffung der kalten Progression" wird ihr so ein schlimmer Themenverlust bestimmt nicht mehr passieren. Versprochen!