Die USA sind ein armes Land. Nein, nicht wegen IHM, sondern aus einem ganz anderen Grund: Sie haben keine Neuwahldebatten.
In den USA gibt es fixe Wahltermine, jeder weiß, wann gewählt wird, und da fährt die Railway drüber. Damit verzichten die armen Amerikaner freilich auf eines der schönsten politischen Unterhaltungsprogramme, die es gibt, nämlich auf Neuwahldebatten. In Österreich wäre Politik ohne diesen Publikumshit überhaupt nicht denkbar.
Die Ausstrahlung von ÖSDW ("Österreich sucht den Wahltermin") erfolgt in regelmäßigen Abständen - etwa wie "Sturm der Liebe" oder "Mei liabste Weis". Wobei die Show von Folge zu Folge ganz individuell gestaltet wird. Bei der ersten Folge der ÖSDW-Staffel 2017, die im Jänner lief, waren die Roten für Neuwahlen und die Schwarzen wütend dagegen. Jetzt, bei der zweiten Folge von ÖSDW, die diese Woche begann, sind die Schwarzen für Neuwahlen und die Roten wütend dagegen. Der Fantasie sind also keine Grenzen gesetzt.
In der dritten Folge, die spätestens im Mai auf dem Programm stehen wird, sind vielleicht die Schwarzen und die Roten für Neuwahlen und nur die Wähler sind wütend. Das erinnert dann an die ÖSDW-Staffel 2016, als die Roten und die Schwarzen gegen Neuwahlen waren und die Wähler ebenfalls wütend. Also man wird sehen.
Technisch funktioniert ÖSDW übrigens so, dass Heidi Klum, Christian Kern, Reinhold Mitterlehner und Dieter Bohlen im Fernsehstudio an einem Tisch sitzen. Davor tanzen die verschiedenen Wahltermine an, um zu zeigen, was sie können. Anschließend werden sie dann bewertet.
Was man gleich sagen kann, ist, dass die Kandidaten Juli 2017 und August 2017 keine, wie man im Fernsehen sagt, Schangse haben. Denn im Sommer sind alle Wähler auf Urlaub, weshalb ein Wahltermin im Sommer Unmengen an Briefwahlkuverts er- und die ohnehin schwer angeschlagene Klebstoffindus trie überfordern würde.
Ähnliches gilt für die Kandidaten November 2017 und Dezember 2017. Da kann einfach nicht wahlgekämpft werden, denn vor Weihnachten ist es bei uns erfahrungsgemäß viel zu warm.
Äußerst attraktive ÖSDW-Kandidaten sind hingegen September 2017 und Oktober 2017. Sie werden am Ende beide auf der Bühne stehen und Heidi Kern und Reinhold Bohlen werden dann schon die richtige Wahl treffen. Notfalls können sie ja noch Nicole Burns-Hansen als Expertin beiziehen.
Aber was, so fragt man sich, passiert danach? Also nach der Wahl des Wahltermins und der Wahl selbst?
Dann beginnt - und das ist das Wunderbare daran - die nächste Show! Kaum ist ÖSDW zu Ende, beginnt ÖSDS, "Österreich sucht die Superkoalition". Dafür wechseln Christian Kern und Reinhold Mitterlehner (oder wie er dann heißt) in den Kandidatenstatus, während ihr Platz in der, wie man im Fernsehen sagt, Schüürie von Alexander Van der Bellen eingenommen wird.
Der Bundespräsident fungiert bei ÖSDS sozusagen als Hannes Nedbal der Regierungsbildung. Er wird dabei unter einer Unzahl von Kandidaten auswählen können, die eines gemeinsam haben: Sie sind bunt wie die Clownfische.
Ob Rot-Grün-Rosarot oder Schwarz-Blau-Pink oder Rot-Blau-Dunkelgelb, der Fantasie sind bei der ÖSDS-Staffel 2017, die wegen großen Misserfolgs möglicherweise bis ins Jahr 2018 hinein laufen wird, keine Grenzen gesetzt.
Nur Titelverteidiger und ÖSDS-Seriensieger Rot-Schwarz darf diesmal nicht mitmachen. Denn wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem wegweisenden Urteil festgestellt hat, sind Zwangsheiraten unmenschlich und daher verboten.

