Durch unseren Ortsteil führt ein Spazierweg, der oft auch von jungen Müttern mit Kinderwägen benützt wird. Dabei fällt auf, dass während des Nachwuchsausrollens neuerdings pausenlos in das Handy geglotzt und getippselt wird, selbst wenn die Freundin gleich nebenan rollt. Aber ich erwähne das hier nicht, weil ich den jungen Online-Muttis eins reinwürgen will, sondern weil es symbolisch dafür steht, wie wir heute die Welt wahrnehmen: Wir holen uns immer mehr elektronische Informationen aus zweiter und dritter Hand, während das wahre Leben gleich vor uns liegt. Und das führt uns dann oft zu völlig falschen Einschätzungen.
Woher zum Beispiel bezieht die steigende Zahl von Leuten, die plötzlich über die Situation in unserem Land redet, als lebten wir in einer versifften, verlotterten und korrupten Bananenrepublik am Rande des Abgrunds ihre Informationen? Wohl nur zum Bruchteil aus eigenem Erleben - schaut euch doch einfach einmal halbwegs unvoreingenommen mit eigenen Augen um! -, sondern aus einem Mix aus Schlagzeilen, Facebook-Stille-Post und Stammtischgefasel.
Wer mich kennt, weiß, dass ich der Letzte bin, der in diesem Land alles beschönigen und übertünchen will - umso erstaunlicher ist, dass mittlerweile viele von jenen, die mich vor nicht allzu langer Zeit noch als Nestbeschmutzer bezeichnet haben, nun selbst permanent ihre Notdurft darin verrichten und alles, was bisher unumstritten war, über Bord werfen wollen - in der richtigen Stimmung auch Demokratie und Gewaltfreiheit. Und spätestens jetzt wird klar, dass da etwas ganz gewaltig aus dem Ruder läuft und es stellt sich die Frage, wer ein Interesse daran hat oder es zumindest billigend in Kauf nimmt. Also: Augen auf!
