Respekt, das war wirklich absolute Rekordzeit, in der sich die Hardcore-Populisten der Brexit-Kampagne von ihren in strahlenden Farben gemalten Versprechen distanzierten. Keine vier Stunden, nachdem 51,9 Prozent der Briten für den Exodus aus der EU votiert hatten, weil ihnen versprochen worden war, dass man als unabhängiger Inselstaat die bisher nach Brüssel geschickten EU-Gelder in das marode britische Gesundheitssystem pumpen, die Zuwanderung rigoros beschränken und das "gute alte Britain" wieder auferstehen lassen würde, folgten die ersten Rückzieher mit Sätzen wie "man dürfe diese Versprechen nicht allzu wörtlich nehmen". Die Kampagnenführer outen also ihre eigenen Kampfparolen als dreiste Lügen und es beschleicht einen das Gefühl, als hätten sie ihren Erfolg gar nicht einkalkuliert gehabt und wären nun von ihm überrumpelt worden; als wäre es ihnen bei der ganzen Bewegung im Endeffekt gar nicht um den Brexit gegangen, sondern nur um den eigenen Machtgewinn.
Insofern erleben wir nun ein Lehrstück in Sachen Populismus, aus dem auch wir Österreicher unsere Schlüsse ziehen können. Denn die Lautsprecher mit den einfachen Lösungen haben in Zeiten wie diesen kein Problem damit, Massen zu mobilisieren, schauen aber dann überall sehr schnell sehr alt aus, wenn sie erst einmal an der Macht sind und ihre Versprechen auch nur in Ansätzen erfüllen sollen. Da ist dann plötzlich alles ganz anders.
Und die Rest-EU muss sich nun grundlegend reformieren, oder sie wird scheitern. Es braucht unverrückbare gemeinsame Werte, die quasi als Klebstoff wirken, sonst wird Europa in Teile zerfallen und diese Teile, vor allem die kleinen, werden zu Spielbällen globaler Machtblöcke werden.
