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Das Facebook ist kein Ponyhof

Ich finde, unter Freunden sollte man sich schonungslos die Wahrheit sagen.

Die meisten von uns kennen das nur allzu gut: In der ersten Euphorie des sozialen Medienzeitalters und in der festen Meinung, dass sich das wirkliche Leben zukünftig nur mehr in den Weiten und Tiefen des World Wide Web abspielen wird, hat man sich mit dem weltumspannenden Netz wahllos hunderte von Freunden eingefangen und mit ihnen, anfangs noch begeistert und beflissen, mehr oder weniger sinn- und belangloses Geschreibsel und manches zur Selbstdarstellung bzw. Selbstentblößung geeignete Bildchen geteilt. Das wurde zwar bald ein wenig langweilig, eigentlich noch viel langweiliger, als das richtige, analoge Leben in 3D je sein kann, aber nun ja.

In letzter Zeit ist der Ton aber auch in der digitalen Parallelwelt merklich rauer geworden und manch Freundin oder Freund reißt sich in selbst verfassten oder begeistert geteilten und kommentierten Beiträgen plötzlich die Smiley-Maske vom Gesicht. Da entpuppt sich die stets sonnenbebrillte und braungebrannte Dame, die so gerne kesse Fotos von ihren Tattoos an allen Stränden dieser Welt postet, als veritable Rassistin mit Hang zu unterirdischem, ja eher schon außergalaktischem Humor, und der nette, leicht verschrobene Jazzfan präsentiert sich als paranoider Verschwörungstheoretiker mit antisemitischen Untertönen. Und spätestens jetzt merkt man, dass auch das Facebook kein Ponyhof ist und man sich wie im richtigen Leben entscheiden muss, ob man sich tot stellt und das einfach alles unkommentiert stehen lässt, oder ob man Flagge zeigt, auch wenn der digitale Fäkaliensturm von den anderen Freunden der sogenannten Freunde droht.

Also ich finde, unter Freunden sollte man sich schonungslos die Wahrheit sagen, oder?