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Das pädagogische Juni-Ritual

Wer mit den taktischen Winkelzügen im Schulbereich vertraut ist, weiß, dass nun bald das alljährliche Juni-Ritual ansteht. Das läuft so ab: Zuerst lässt das Ministerium schlagzeilentaugliche Daten durchsickern, diese werden von den Medien dankbar angenommen und in den letzten Schulwochen in verschiedensten Formen unters Volk gebracht. Die dadurch entstandene Stimmung ist für die Dienstgeberseite dann ideal, um schnell ein paar budgetschonende Husch-Pfusch-Reformen durchzudrücken, die fast immer zu Lasten der Schüler und Lehrer gehen. Und wenn Letztgenannte sich dann wehren, stehen sie - angesichts der bevorstehenden Ferien - als reformunwillige Faulpelze da. Ich bin schon gespannt, was heuer ansteht. Aber das sind nur Scharmützel auf Nebenschauplätzen. Die offensichtliche Krise unserer Schulpolitik resultiert einerseits aus der lähmenden großkoalitionären Pattstellung, andererseits aus einem "zentralen" Systemfehler.

Es wird nämlich nicht berücksichtigt, dass sich die Schulsituation in den verschiedenen ländlichen und städtischen Bereichen mittlerweile so unterschiedlich darstellt, dass man nicht mehr mit zentralen, bis ins Detail vorgegebenen Schemata arbeiten kann. Eine Schule im Lungau ist nicht mit einer Schule in Wien-Favoriten vergleichbar, auch wenn das gleiche Taferl über dem Eingang hängt. Geben wir doch den einzelnen Schulen einen verbindlichen Rahmen und ein Budget vor und lassen sie autonom arbeiten, denn vor Ort weiß man genau, was für den jeweiligen Standort notwendig und machbar ist und was nicht. So würden sich viele Probleme mit vergleichsweise geringem Aufwand lösen lassen und wir würden uns wahrscheinlich auch das alljährliche Theater im Juni sparen.