Der Redewendungs-Duden weiß es wie immer ganz genau: "Kern: der harte Kern - derjenige Teil einer aggressiven (politischen, oft auch kriminellen) Gruppe, der sich mit ihren Zielen und Handlungen unbedingt identifiziert und sich an ihren Aktionen bedenkenlos beteiligt." Der Duden ist halt auch schon ein wenig politikverdrossen. Wer will es ihm verübeln?
Dabei wissen wir gar nicht, ob der Eisenbahner, der jetzt bei der SPÖ zum Zug kommt, ein harter Kern ist oder ein weicher. Vermutlich Erstes, denn während es im Eisenbahnwesen die Weichen sind, welche die Richtung vorgeben, sind es in der Politik eher die Harten. Das waren jetzt ein bisschen viel Wortspiele. Ich möchte den Kernpunkt Ihrer Kritik an der heutigen Kolumne gleich schuldbewusst vorwegnehmen. Wortspiele mit Namen gelten als nicht besonders niveauvoll. Mit dem Neuen steht uns diesbezüglich einiges bevor. "Rote Kernfrage ist beantwortet", schlagzeilte ein ÖVP-Blatt (ja, so etwas gibt es noch) am Freitag. "ÖVP macht Asyl zur Kern-Frage", titelte eine qualitätvolle Zeitung aus dem Land des Kern-Öls, der Kern-Buam am Mittwoch sowohl in der steirischen wie in der Kerntner Ausgabe.
Nur damit Sie nichts mehr schrecken kann, bringen wir gewissermaßen zur Immunisierung die kernigsten Verballhornungen vorab. Und keine Angst. Sie werden alle kommen: Da der SPÖ eh nur mehr die Kernwähler geblieben sind, war der Ausgang des Besetzungspokers logisch. Die Kernkompetenzen sind offensichtlich: smart, akkurat, selbstbewusst und nicht in der Lage, sich bequeme Anzüge zu kaufen. Als die Kernwaffen gelten Stromlinienförmigkeit, Netzwerk- und Durchsetzungsfähigkeit.
Die offensichtlich prononcierte Kernkraftgegnerin Doris Bures hat sich wiederholt als Kernbeißer (ein an sich adretter Singvogel) erwiesen und der Republik ausgerichtet, Politik sei nicht die Kern-Kompetenz Kerns. Aber wer weiß, wie lange sie überhaupt noch der Kerntruppe der SPÖ angehört, zumal - wenn man ganz ehrlich ist - Politik vielleicht auch nie ihre Kernkompetenz gewesen ist. Und die Liesinger Kernschmelze ist längst in vollem Gange, ebenso wie die Kernspaltung im alles andere als kerngesunden roten Regierungsteam.
Spindoktoren und Pressesprecher in der Ära Kern werden als Kernspinbiographen in die im Kern auch schon mal gloriosere Parteigeschichte eingehen. Und weil wir bei ungehörigen Wortspielen mit Namen sind: Über Kurz oder lang wird Kern ankündigen, sich Kurz zu fassen. Er wäre vermutlich sogar bereit, zu Kurz zu kommen, nur damit die SPÖ an der Macht bleibt. Beide Reichshälften werden K.u.K.- bzw. K.K.K.-mäßig via Kern-Kurz-Kurs das Land kernig, kurz und klein regieren.
Und weil weder Dankbarkeit noch Nachhaltigkeit politische Kernkategorien sind, steht zu befürchten, dass es Kern in ein paar Jahren genauso gehen wird wie Faymann oder Gusi. In deren Fall wurde die SPÖ an der Spitze entkernt und der Kern wurde ausgespuckt.

