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The best ears of our life

Anlegen in schwierigen Zeiten: Soll man oder soll man nicht? Und warum sich alles umkehren könnte.

Helmut Schliesselberger

Howard Hughes, berühmter Produzent und Regisseur, sagte einst über den noch berühmteren Filmstar Clark Gable, dieser sehe aus wie ein Taxi, bei dem beide Türen offen stünden. Aber Hughes war nur eifersüchtig: Gable war weder trotz noch wegen seiner großen Ohren der größte Frauenschwarm Hollywoods. Der Komiker Milton Berle nannte Gable schon etwas freundlicher "the best ears of our life".

Jetzt gibt es natürlich auch ganz tolle Außenminister mit großen Ohren. Hans-Dietrich Genscher, einstiger FDP-Chef, der nicht nur wegen seiner Geduld gern als Elefant karikiert worden war, versicherte dereinst als Politpensionist, dass ihn seine vom Kopf wegstrebenden Lauscher zwar nie gestört hätten, dass sie aber im Alter nicht mehr so abstünden wie früher. Mit Nachdruck wies Genscher dabei die Vermutung zurück, dies beruhe auf einem operativen Eingriff. "Ich vermute, es hängt damit zusammen, dass man sich im Alter öfter mal aufs Ohr legt", analysierte er.

In eher sehr populärwissenschaftlichen Abhandlungen heißt es gern: "Menschen mit abstehenden Ohren sind sympathische Zeitgenossen, die nicht selten unterschätzt werden. Mitmenschen stempeln sie schnell als lustige Kerlchen ab. Dabei sind sie sehr zielstrebig, immer freundlich und zuvorkommend und wissen, was sie wollen. In fernöstlichen Ländern gelten abstehende Ohren übrigens als Symbol für Reichtum und Intelligenz."

ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger dürfte es damit in Asien (und in der neuen Volkspartei) schwer haben: Erklärte er doch 2012 bei einer Debatte über gesetzliche Regelungen für Schönheits-OPs im Parlament nicht ganz uneitel, seine Eltern hätten seinerzeit seine Ohren operativ anlegen lassen: "Bei mir hat es gewirkt. Ich bin schön." Udo Jürgens, Günther Jauch oder auch mancher als Brutalmimose kritisierter ORF-Spätabendinterviewer haben sich die knorpeligen Sonnenbrillenhalter anlegen lassen. Sie hätten vermutlich auch bei gleich gebliebenem Abstehwinkel große Kar riere gemacht - so wie Obama, obwohl der sich während seiner Amtszeit in "The Colbert Show" beschwerte: "Michelle, Malia und Sasha machen es mir nicht leicht (. . .). Sie hänseln mich gnadenlos wegen meiner großen Ohren."

Die boomende Ohranlege-Industrie macht sich hierzulande schon gewaltige Sorgen wegen des durch Höhenflüge großohriger heimischer Jungstars bedingten geschäftsschädigenden Wandels überkommener Schönheitsideale. Worst-case-Szenario und größte Sorge der Beauty-Docs: Der ebenso großartige wie großohrige Dominic Thiem gewinnt nun die French Open, Sebastian Kurz haut alle übers Ohr und wird Kanzler, noch bevor er trocken hinter denselben ist (und Prince Charles besteigt samt King-Size-Lauschern doch noch den Thron). - Dann liegt endgültig niemand mehr seinen Eltern wegen einer Ohranlegung in denselben.

Aber geduldig und flexibel wie Schönheits ideale und Schönheitsoperateure nun einmal sind, fangen Letztere dann sicher unverzüglich damit an, Ohrkorrekturen in die andere (abstehende) Richtung zu verkaufen.