Im Nachhinein sehe ich mich noch meine Augenbrauen hochziehen: Beim Vorstellen in einer Runde werde ich gefragt, nachdem ich meinen Namen genannt habe: "Pronoun?" Pronomen? Ein überraschender Moment für mich. Ich frage nach, was damit gemeint sei. Die junge Frau mir gegenüber reagiert genauso überrascht wie ich, dass ich dieses Prozedere noch nicht kenne. Wie ich angesprochen werden wolle, hakt sie nach, mit "er", "sie", "es" oder ...
Okay, alles klar, es geht darum, dass sich Personen auch als divers identifizieren, nicht dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zugehörig fühlen und vielleicht auch nicht eingeordnet werden wollen. Verstehe ich, aber warum soll ich mich jetzt einordnen lassen?
Ja, ich fühle mich als Frau, ich fühle mich dem weiblichen Geschlecht zugehörig, bin Mutter, bin Feministin, bin Mensch, bin traditionell, bin offen, bin liberal, bin unkonventionell. So sehe ich mich, lasse mich nicht gern in einer Schublade einkasteln. Ich versuche, nicht immer in der gleichen Spur zu fahren, das ist mein Lebensprinzip.
Pronomen? Das Denkradl in meinem Kopf dreht sich. Als eine, die mit Sprache, mit Worten arbeitet, ergänze ich in Gedanken, eigentlich müsste von Personalpronomen die Rede sein, genauer: dritte Person Einzahl. Angesprochen werden kann keine, keiner mit "er", "sie", "es", sondern mit "du" oder "Sie", also wozu das Ganze? Und wie geht es dann sprachlich weiter? "Es" hat gesagt ...? Der fragende Blick meines Gegenübers provoziert mich zur spontanen Antwort "kein Pronomen".
Die anderen sagten dann ganz selbstverständlich "sie", aber auch "you" oder "they". Sie kannten das Prozedere offenbar schon, neu war diese Vorstellungspraxis nur für mich. Zuerst kam ich mir altmodisch vor, so als ob ich mit der Zeit nicht mitgegangen wäre, aber mein Unbehagen mit diesem Pronomen-Ding ist geblieben.